Freitag, 2. Januar 2015

Honig im Kopf

Honig im Kopf | 139 Min | FSK 6 | VÖ: 25.12.14
©Warner Bros. Germany
oder: Funny Alzheimer - Das lange Diddy Hallervorden-Musikvideo mit Til und Emma Schweiger als Til Sitter und Emmal C. Quadrat

Es gab schon den einen oder anderen Til Schweiger-Film, den ich rezensiert habe. Da das Fazit zumeist recht ähnlich ausfiel, hab ich stark mit mir gerungen überhaupt Honig im Kopf anzuschauen. Als ich dann mitten im Film geheult habe - männlich geheult, versteht sich - entschied ich mir dafür.

Der Maestro, der als Spielfilm getarnten Popmusikvideos, Til Schweiger mag das Rezensentenpack nicht. Vielleicht mag er auch nur die namhaften nicht und hat eigentlich gar nichts gegen solch winzige Westentaschenbloggerundwannabedrehbuchautoren wie mich. Vielleicht ist die Personalunion Til Schweiger auch klammheimlich einer meiner drei Stammleser. Wir werden es nie erfahren. Genauso, wer oder was für die seltsamen Fake-Bewertungen auf der moviepilot-Seite des Films verantwortlich ist (Quelle: meedia). Aber das alles soll uns nicht stören. Bei Kopf & Kino steht der Film im Mittelpunkt, nicht die Filmemacher - egal wie oft sie ihre Kinder vor die Kamera zerren und stereotype Dialoge aufsagen lassen, wenn sie nicht gerade in Zeitlupe über eine Wiese hüpfen, während die aktuellen Charts im Hintergrund laufen. Völlig vorurteilsfrei habe ich mich also in den Sessel des Kinos fallen lassen und... jetzt hab ich vergessen was ich schreiben wollte.


Story
Amandus Rosenbach (Dieter Hallervorden) hat Alzheimer. Is kacke ne? Das finden alle Familienmitglieder... aus verschiedenen Gründen. Sein Sohn Niko (Til Schweiger) will einfach nicht wahrhaben, dass sein Vater irgendwann im Heim landet. Seine Schwiegertochter Sarah (Jeanette Hain) findet den lustigen alten Zottel-Opi einfach nur anstrengend - spätestens nachdem der Senior ihre geliebte Hecke verunstaltet. Enkelin Tilda (Emma Schweiger) findet ihren Opa einfach nur toll, ist aber traurig, wenn sie sieht, dass er dieses oder jenes vergisst. Traurig!

Irgendwann beschließt Tilda, ihrem Opa wieder einen Sinn zu geben. Ehe wir uns versehen, befinden sich Amandus und Tilda auf einem Roadtrip nach Venedig...

Review
Honig im Kopf macht mich wütend! Aber es macht mich nicht auf die gleiche Art wütend wie bei...  sagen wir mal spaßeshalber Kokowääh 2, bei dem ich mir während des Anschauens am liebsten einen glühenden Nagel durch den Fuß geschossen hätte, um die Schmerzen in den Augen zu verdrängen. Nein, Honig im Kopf macht mich wütend, weil es der erste Til Schweiger-Film hätte werden können, den ich meinen Lesern empfohlen hätte.

Die Prämisse des Films ist Gold: Lustiger Opa mit Alzheimer blüht durch pfiffige Enkelin nochmal auf. Dieter Hallervorden ist ein großartiger Darsteller. Er beweist uns in seinem Lebensherbst, dass er Charaktere verkörpern kann, fernab des Klamauks früherer Zeiten. Dieter Hallervorden ist überhaupt der einzige Grund, weshalb ich Euch einen Besuch in diesem Film empfehlen kann. In dieser Rolle möchte ich keinen DeNiro, Voigt oder Hoffman sehen, nein, in der Rolle des Amandus Rosenbach möchte ich ausschließlich Hallervorden sehen. Ich unterstelle dem Autoren... Til Schweiger... einfach mal, dass er beim Schreiben dieser Figur den Darsteller bereits im Kopf hatte.

Wir haben also einen großartigen Hauptdarsteller und eine gute Idee. Jetzt ist es Zeit, dem Film gefälligst das Barefoot-Branding auf das Hinterteil zu drücken. Es ist Zeit für eine übersensible Trulla, Farbfilter aus der Ritter Sport-Werbung, Emma Schweiger mit Kulleraugen (inklusive zweier fehlerfrei abrufbarer Intonationen gratis, wenn sie die zweite Hauptrolle spielen darf) UND *Kunstpause* Popmusik-Montagen zu der ersten CD der aktuellen Bravo Hits. Die meisten Regisseure haben mit ihrem eigenen Stil auch einen Spleen entwickelt, eine liebenswerte Macke. Tarantino hat seine Trunkshots, Ed Wood hatte Bela Lugosi, Zach Snyder hat seine Ultrazeitlupen. Der Unterschied: Til Schweigers Musikvideos sind Zeitfresser. In Honig im Kopf kann keine Figur auch nur mal aufs Klo gehen, ein Stück Kuchen essen oder gepflegt einen fahren lassen, ohne dass plötzlich One Republic das ganze begleitet. Würde mir privat tierisch auf'n Senkel gehen. Der Fairness halber sei erwähnt, dass der Score von Martin Todsharow eingängig ist und die Stimmung angenehm drückt.

Wieso aus dem künstlich aufgebauschten Familiendrama nicht gleich einen Roadtrip machen? Tildas Mutter hatte Sex mit Jan Josef Liefers (als Sarahs Chef Serge) - man sagt ja, dass Jan Josef Liefers, der deutsche Jan Josef Liefers sei - und deswegen ist die eheliche Stimmung etwas angespannt. Vielleicht hat Liefers sie mit einem Rocher penetriert. Vielleicht wollte er das personifizierte PMS auch nur lebendig obduzieren. Wir wissen es nicht, aber verdammt nochmal: es ist uns auch scheiß... und ich meine das mit allem nötigen Respekt... scheißegal. Würden wir die ganzen unnötigen Sub-Plots aus dem fertigen Film schneiden, hätten wir ein schönes Roadmovie. Wir könnten im Dauerschluchzmodus Dieter Hallervorden dabei zusehen, wie er Fahri Yardim und Samuel Finzi in Nebenrollen trifft, lustige Dinge macht und würden gar kein Sekunde darüber nachdenken, wieso ein Mann in Uniform mit minderjährigem Kind an keinem Bahnhof aufgehalten wird. Am Ende hätten wir eine 105-minütige Achterbahn hinter und gelassen, welche wir gerne weiterempfehlen. Und was bekommen wir stattdessen? 139 Minuten, in denen wir zugeschissen werden mit Storys, die uns nicht interessieren, über Figuren, die uns nicht interessieren, an Orten, die uns auch nicht interessieren.

Ach und der Schnitt... Constantin von Seld hat Honig im Kopf geschnitten - entweder mit Alkohol im Blut oder Tremor im Zeigefinger. Streckenweise bleibt nur noch der Schluss, er wolle Schweiger irgendwas heimzahlen. Hektisch springen die Bilder bei Dialogen hin und her, besonders bei einem Strandspaziergang deutlich, als scheinbar im Sekundentakt umgeschnitten wird.

Fazit
Dieter Hallervorden hat bei Honig im Kopf einen Stein im Brett. Es ist schade, dass das Potential des Films kaputt gemacht wird durch den dauerhaften Drang nach Effekthascherei. Ja, der geneigte Zuschauer - der Autor dieser Rezension nimmt sich nicht aus - wird Stellen finden, an denen die Tränen fließen, reichlich. Umso größer ist der Ärger, wenn solche Bilder aufgebrochen werden mit belanglosen Diskussionen darüber, wer schon wieder mit wem kopuliert hat.

Ach hier... Katharina Thalbach spielt 'ne rüstige Mutter mit Hang zum Alkoholismus. Lustig.

In diesem Sinne,
OneRepublicKonzertkartenVerbrennendes Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten Film

Euer Rob

Trailer zu Honig im Kopf

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