Montag, 21. Dezember 2015

#kkleaks - Zwischen Drehbuch und Job

oder: Die November-Leiche

[ Unnützer Prolog | Ich würde mir nie einbilden, dass ich viele Leser habe, oder dass es gar überhaupt jemanden interessiert, was ich hier fabriziere. Ich hoffe es natürlich, aber trotz aller Träumereien, die ich manchmal so von mir gebe, schlummert eben doch nur ein kleiner Realist in mir - irgendwo. Und dieser flüstert mir in diesen oder jenen Tagen ins Gedächtnis; sagt mir, dass in den Weiten des Netzes zwar so etwas wie eine digitale Unendlichkeit gibt, aber damit eingergehend auch eine Redundanz, die ihresgleichen sucht.

Im Sekundentakt machen sich Blogger_innen aus allen Ländern dieser Erde (bei den restlichen Planeten weiß ich es nicht so genau) nackt, legen einen Seelenstriptease hin, zeigen uns Modetrends auf, lästern über bewegte Bilder, hinterfragen die Politik oder auch nur das Essen in der Mensa - ist ja beides manchmal zum Kotzen. Und dann sitzt Du vor Deinem Netbook, irgendwo in der Stadt, machst das Backend Deines Blogs auf und überlegst für wen Du das eigentlich machst. Vielleicht sitzt DU auch auf dem Klo beim Tippen, die Möglichkeiten sind ja heutzutage grenzenlos. Ich zumindest, sitze dabei meistens in irgend einem kleinen Cafè - aktuell ein Studentencafé, auf dem Hochschulcampus. Kaffee für einen Euro: Argument.

Zurück zur anfänglichen Frage: Für wen mache ich das hier eigentlich? Für Ruhm und Ehre zweifelsfrei, denn finanziell kannste das sowieso vergessen. Aber das wäre auch der falsche Grund. Als Referenz? Das ist absolut möglich. Seit kurzem bekomme ich vermehrt Anfragen für andere Blogs und Magazine - natürlich auch unbezahlt. Ist auch besser so. Du weißt ja: Wenn es bezahlt wird, ist es keine Kunst mehr. Nicht meckern. Ich bin ja froh, dass ich mit dem Schreiben meinen Lebensunterhalt bestreite. Der Bauch wird irgendwie nicht kleiner. Wird also genug sein. Nicht auszudenken, wie ich aussähe, wenn ich NOCH MEHR Erfolg hätte. Nee, nee - ist schon besser, dass ich für die Filmbloggerei nicht bezahlt werde. ]

Ich habe Respekt vor Bloggern wie Franzi vom Filmkompass und auch den hochgeschätzten Medien-Nomaden - ich grüße herzlichst an dieser Stelle. Unermüdlich purzelt Beitrag für Beitrag, Post für Post und Text für Text in den unendlichen Ozean der Film- und Medien-Kritiken. Das Kopf & Kino-Archiv hingegen blieb im November leer. Rechtfertigungen wären an dieser Stelle unnötig, ist ja schließlich meine Sache, aber so ganz unkommentiert will ich das dann doch nicht lassen - vielleicht auch, um diesen faden Beigeschmack von Untätigkeit aus meinem Mund zu spülen. Es ist nicht so, dass ich nicht im Kino gewesen wäre. Das war ich. Oh ja. Und was hab ich da nicht alles tolles gesehen. Eigentlich fast alle Neustarts. Aber manchmal reicht das Auswerten und Zerreißen, Lobhuddeln und Liebkosen fremdgeistiger Werke nicht. Ich will selbst schöpfen und erschaffen. Und in der zweiten Hälfte diesen Jahres hatte ich ausreichend Möglichkeit dazu.

#Realität
Der erste Synapic Film

OT: Realität | DEU 2016 | R: Sven Kloss |
© Synapic Films
Was ist Realität? Ein Kurzfilm. Wir begleiten den Mittzwanziger Fin durch seine Depression und erleben, wie er mehr und mehr den Bezug zur physischen Realität verliert. Gebrochene Herzen bluten bekanntlich am stärksten. Wahnvorstellungen und Melancholie geben sich die Klinke in die Hand, wenn Fin zusehends wegdriftet - von allem und jedem.

Das Thema Depression und Realitätsverlust gehen gerne Hand in Hand und sind längst nicht so abwägig oder abstrakt, wie es zunächst den Anschein hat. Alexander Lorenz (Produzent / Schnitt) kam Mitte des Jahres auf mich zu. Es ginge um ein Kurzfilmprojekt und ich solle mir mal das Drehbuch anschauen. Sven Kloss (Regisseur von Entmachtet) hätte meinen Namen ins Spiel gebracht. So weit so gut. Wenn Du Dein erstes Drehbch schreibst, denkst Du immer, Du hättest das Rad komplett neu erfunden und eine Geschichte die SO und nur SO wie sie ist erzählt werden muss. Autorenstolz.

Alex und ich trafen uns in einem Cafè. Die Geschichte von "Realität" sei sehr persönlich. Eigene Erfahrungen. Soweit so gut. Herzschmerz, große Emotionen, Depression.
"Okay, zu diesem Thema hatte ich selbst zwei, drei Ideen in der Schublade."
Noch am Tisch las ich das Drehbuch und begann wie wild zu streichen und Anmerkungen zu machen.
"Ähm, gibts denn irgendwas, was Dir gefällt?"

Natürlich gab es das. Sonst hätte ich mich des Stoffes ja nicht angenommen. Vielleicht auch, weil es viele Schnittpunkte mit meinen eigenen Ideen gab und ich so Gelegenheit hatte, Szenarien auszuprobieren. Nach meinem Rework begannen die ersten Treffen. Leute, die ich aus dem Stadtbild schon kannte - Magdeburg ist nicht so groß -, aber nie zuordnen konnte. So fanden sich langsam Kamera, Aufnahmeleitung, Hauptdarsteller, kurz Cast & Crew, zusammen, um dann in einem steinigen Prozess Realität vom Titel zum Film werden zu lassen. Der Film feiert Anfang 2016 seine Premiere. Hier gibts für Euch den Trailer:



Der Drang des Autoren auch mal gesehen zu werden. Was wäre ein Film ohne einen anständigen Cameo?
Aber damit nicht genug. Realität war das erste Projekte unseres kleinen, süßen Filmkollektivs Synapic Films. Alex wollte aber mal aktiv auf dem Regiestuhl Platz nehmen und fragte mich, ob ich noch Stoff habe. Also Filmstoff. Möglichst eines mit wenig Locationwechseln und wenig Schauspielerbedarf. Hatte ich.

#Abgefahren
Über das Drehbuchschreiben

Ja, es gibt für Autoren einen Unterschied
zwischen "Original-Drehbuch" und "Nach einer Idee von"
Als Autor gibt es Leute, die meine Drehbücher zu erst zu lesen bekommen. Und just eine dieser wunderbaren Personen fragte mich irgendwann mal, ob ich nicht auch mal eine Komödie schreiben könne. Darüber habe ich mir auch schon die Birne zermatert. Die Antwort: Es wäre mal schön. Aber für Alex habe ich eine ältere, wieder melancholische, Idee wieder aus der Schublade geholt: Abgefahren. Zwei junge Menschen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, lernen sich auf einer Nachtzugfahrt kennen - intensiv.

Bei Abgefahren gab es für mich eine Neuerung im Arbeitsprozess. Das andere Original-Drehbuch von mir, Merry Xmess, war bereits fertig, als ich es an den Regisseur Florian Ziegler gab. In diesem Fall, gab es nur die Idee zum Film. Jetzt war es an mir, die Erwartungen zu erfüllen und das Original-Drehbuch, quasi als Auftragsarbeit, abzuliefern.

Das bedeutete vor allem, dass ich den Blog für einen Moment in Ruhe lassen würde. Neben der Arbeit u.a. für Featured und der Arbeit an Abgefahren würde kein Platz mehr bleiben für Kopf & Kino. Mein kleiner feiner Filmblog musste zu einer November-Leiche werden, die ich nun mit diesem Beitrag aus der kurzen Totenstarre wiedererwecke. Lässt Du Dich auf Deine Figuren ein, ihre Gefühle, ihre Beweggründe und ihre Welt, kann das anstrengend werden. Du stehst im Geschehen, lässt es passieren und schreibst es auf. So ist Drehbuchschreiben für mich in der Regel ein sehr organischer Prozess, besonders bei meinem eigenen Material. Bei Abgefahren habe ich unzählige Stunden mit meinen Hauptfiguren Jonas und Franceska in diesem Zugabteil gesessen und den derben Dialogen dieser zwei lebenden Gegensätze gelauscht. Plötzlich gab es einen viel zu tiefen Einblick in die Vergangenheit Franceskas. Und so entstanden Bilder und verschob sich der Focus des Films in eine Richtung, die mir bei der Ideenfindung so auch nicht bewusst war.

Stephen King schreibt in Das Leben und das Schreiben*:
Wenn möglich, sollte in ihrem Arbeitszimmer kein Telefon, ganz gewiss kein Fernseher und auch kein Videospiel stehen, mit Sie herumalbern können. ... Für jeden Autor, besonders aber für den Anfänger ist es ratsam, jede mögliche Ablenkung auszuschalten.
Ich respektiere, was der Großmeister der Horrorliteratur da sagt, ignoriere es trotzdem gerne gekonnt. Ich sitze zum Beispiel beim Schreiben gerne in einem Cafè, schaue mir zwischendurch Leute an und lasse meine Umgebung mich gerne beeinflussen. Musik? Warum nicht. Musik beeinflusst Emotionen - bestimmt nicht bei jedem.  Alles was ich hier schreibe, trifft zu allererst mal auf mich zu. Hab ich beim Drehbuchschreiben schon geheult? Oh mein Gott natürlich. Stell Dir vor, einem vertrauten Menschen passiert etwas schlimmes. Und Du musst es immer und immer wieder ansehen. Das ist die reinste Qual. Zurück zur Musik. Musik gibt mir von Zeit zu Zeit ganz neue Inspiration. In der Zeit, in der Abgefahren entstanden ist, hatte ich eine Playlist in der Lieder zu finden waren, welche einfach das passende Gefühl für den Filmstoff bei mir aktiviert haben. Und da war Fix You von Coldplay dabei, oder auch This Woman's Work von Kate Bush, ebenso ein wenig Jazz. Bei meinem nächsten Projekt sieht die Playlist vielleicht ganz anders aus. Das wird vom Tenor des Buches abhängen oder ihn sogar beeinflussen. Wer weiß.

Jetzt steht das Drehbuch und die Mühlen der Produktionen beginnen sich wieder zu drehen. Location werden gefunden, Sponsoren gesucht und Darsteller gecastet - wobei die im Prinzip schon feststehen. Zeitpläne werden über den Haufen geworfen, Krisen gemeistert und ganz am Ende dieses Prozesses siehst Du als Autor plötzlich, wie Deine Figuren aus den Gedanken den Weg auf die Leinwand geschafft haben. Dann und erst dann, lässt Du sie gehen und schaltest eine andere Playlist an.

In diesem Sinne,
TränenWegwischendes Cheerio und viel Spaß bei Eurer nächsten Depression

Euer Rob

Bonus

Es ist ja bald *seufz* Weihnachten. Und deshalb hab ich mich für Euch mal kurz über das beliebteste Fernsehmärchen der Deutschen ausgelassen. Unanständige Outtakes gibt es auch.



*Affiliate-Link / Werbung: Kauft Ihr über diesem Link etwas, erhalte ich eine kleine Provision. 
Euch entstehen dadurch keinerlei Nachteile.

6 Kommentare:

  1. Danke erstmal für die lobende Erwähnung. Mir geht es ähnlich. Ich habe auch mal so Momente/Tage/Wochen, wo ich absolut nicht weiß, was ich schreiben soll; wo ich meinen Schreibstil in Frage stelle (eigentlich immer) oder gleich mein ganzes Blogger-sein. Manchmal blogge ich, weil ich mal wieder eine Perle gefunden habe, die stolz herumgezeigt werden muss (mehr dazu hier: http://blog.krittiq.com/newcomer-der-woche/). Und derzeit ist das Filmkritikenschreiben eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (bin mit dem Studium fertig und suche einen Job). Mit anderen Worten: Du bist nicht allein. :)

    Lob und Anerkennung übrigens für das Drehbuchschreiben. Das einzige Drehbuch, dass ich im Kopf habe, ist eine 15-minütige Theater-Laudatio auf einen gewissen britischen Schauspieler, dessen Name ganz groß in meiner Tagcloud angezeigt wird. Das ist aber eher ein hübsches Gedankenkonstrukt, weniger ein ernstgemeintes Projekt. Einen richtigen Film würde ich mir nicht zutrauen. Daher: Respekt!

    P.S. Jaaa, die Outtakes sind wirklich besser als der eigentliche Clip. ;-)

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    1. Franzi, Franzi. Also mir läuft ja direkt ein Schauer der Begeisterung den frisch frisierten Rücken hinab, wenn ich mich plötzlich nicht mehr alleine wähnen muss, in der Riege der nach Arbeit hechelnden Tastendrücker. Eine 15-minütige, filmisch raffinierte Laudatio auf (ich kann es nicht laut aussprechen) wäre doch mal eine Idee. Vielleicht reichen aber auch schon 5 Minuten und die Dame am Pult hat damit zu kämpfen, dass jedes Mal, wenn sie seinen Namen sagt, das Publikum in lautes Stöhnen ausbricht :D

      Hmm, ich überlege gerade, ob ich dann in Zukunft vielleicht nur noch Outtakes produzieren sollte und den eigentlichen Kladderradatsch weglassen :P

      LG,
      Rob

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  2. Hey Rob,
    wie es scheint gibst du dir bereits Antworten auf deine eigenen Fragen. Wohin? Für Wen? Macht es Sinn? Ich halte es immer noch für spannend und mutig diese Zweifel mit einer Öffentlichkeit zu teilen. Aber als Erschaffer gehört das wohl zum Vertrag mit dazu, (Seelen-)Abdrücke zu hinterlassen - erfolgreich obendrein. Wann aber bist du wahrhaftig mit dem zufrieden, was du bereits erreicht hast? Ich hoffe schon jetzt ein wenig.

    +++Kalenderspruchalarm+++

    Universell einsetzbar, aber er erschien mir trotzdem ganz passend: "Ich habe auch noch keine Lösung, aber ich bewundere das Problem."

    Cheers!

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    1. Ein fröhlich juchzendes "Mooooin" Mr. Hammer,
      ja, ich bin nicht für ein Schattendasein gemacht. Dafür ist der Selbstdarstellungsdrang zu groß. Aber genau für diese Mischung aus Halbvermögen und Tatendrang ist ja ein Blog die passende Plattform. Wenn ich tatsächlich einestages, ernsthaft, also wirklich und in echt jetzt richtig, einen Abdruck, außer auf meinem Kopfkissen, hinterlassen sollte und dabei mehr bin als nur ein Possenreißer, dann... ja, Herrgott, dann schaue ich mir alle Transformers-Teile nacheinander an - OHNE ALKOHOL.

      Cheers, ol' pal

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  3. Hallo Rob,
    Ich kam im November auch nicht zum Bloggen, da ich meinen eigenen Kurzfilm fertig bekommen wollte. Passiert also auch als Regisseur. Um so schöner, dass du uns daran teilhaben lässt.
    Und dann passierte es im Dezember plötzlich doch! Eine kurze Unterhaltung mit einer Autorin über ein nebensächliches Thema brachte mich auf die Idee, das die kreative Arbeit stark der berühmten Heldenreise ähnelt und sich oft wie ein Labyrinth von Möglichkeiten anfühlt. So entstand dieser Artikel ganz nebenbei: http://www.emotionen-erzaehlen.de/kreativitaet-so-kommt-man-durch-das-labyrinth/
    Deine Meinung dazu würde mich interessieren.

    Sonnige Grüße, Heiko

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    1. H(e)i(ko),
      erstmal: Daumen hoch für das Alias "coladose". Ich möchte da einen Hauch Sozialkritik in Verbindung mit der modernen Anklage eines... nein, Spaß, fetzt nur.
      Ich schaue mir den Beitrag aber mal sowas von gerne an. Äußere mich dann auf der anderen Seite dazu ;) Also Deiner Seite.

      Sprudelnde Grüße trotzdem schonmal zurück

      Rob

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