Freitag, 8. Mai 2015

German Angst (Review + Verlosung)

OT: German Angst | 118 Min | FSK 18 (Uncut)
R: J. Buttgereit / M. Kosakowski / A. Marschall
DE 2015 | VÖ: 15.05.15 (DVD / BD)
Extras: Trailer, Behind-the-Scenes
© Neue Pierrot Le Fou (Alive)
oder: KastrationsNaziMassaker 4 oder: Meerschweinchen & Mord oder: Ficken Fürchten Feiern - Eine Nacht in Berlin oder: Die Rape'n'Revenge-Rache des Botanikers Caligari
oder: Pimmel über Berlin

Wim Wenders möge mir diese kleine Frotzelei im Titel verzeihen und damit herzlich willkommen zum Review des neuen Sterns am unterbelichtetbeleuchteten Nachthimmel des deutschen Horrorfilms:  German Angst*. Während ich das hier tippe, brutzelt ein "Omelett a la Rob" in meiner Pfanne - Pro Ei eine rote Zwiebel - und beschert mir diese Nacht sicherlich noch Angst vor gruseligen Geräuschen. Aber auf das tolle Sounddesign von German Angst komme ich nachher noch zu sprechen.

[VERLOSUNG] Am 15. Mai erscheint der Anthologie-Horror German Angst für die heimischen Geräte. Kopf & Kino verlost je einmal DVD und Blu-Ray, natürlich uncut. Die Verlosung findet Ihr am Ende des Beitrags. 

Wenn Du ein Herz für den deutschen Genrefilm hast, ist es verlockend, blind zu hypen, was in diesem Segment auf den Tisch kommt. Und wenn ein Name wie Jörg Buttgereit auf dem Plakat steht, möchtest Du im Prinzip schon deshalb eine Kaufempfehlung aussprechen. Nun, ich habe den Fanboy in mir jetzt erstmal mit dem Omelette ruhig gestellt und hoffe, dass er im Folgenden nicht zu sehr durchbricht. Guten Appetit mit dem Review zu German Angst.

Story
Offizielles Poster zu GERMAN ANGST
Final Girl (Jörg Buttgereit): Während ein junges Mädchen im Voiceover schnuckelige Geschichten von ihrem Meerschweinchen und dessen Kastration erzählt, begleiten wir es durch eine verwahrloste Wohnung. Im Zimmer nebenan liegt ein Mann im Bett - gefesselt und nackt. Berlin eben...

Make a Wish (Michal Kosakowski): Das taubstimme Liebespaar Jacek und Kasia wuselt durch die Ruinen eines Berliner Industrieparks. Jacek schenkt Kasia einen Talisman und verzeichensprachlicht der Dame dazu eine Geschichte von Nazis und magischen Kräften, welche der Talisman wohl hat. In diesem Moment betritt ein Rudel Neonazis - angeführt von Alpha-Kloppi Jens - die Szenerie und ist wild entschlossen, die beiden zu brechen - wortwörtlich. Talisman hilf!

Alraune (Andreas Marschall): Widerliche Sexpraktiken, körperliche Schändung und grenzperverse Zwielicht-Gestalten. Aber mal weg von Germany's Next Topmodel. Der letzte und längste Part von German Angst liefert uns eine recht freie Interpretation des gleichnamigen Stoffs von Hanns Heinz Ewers. Fotograf Eden (ja, wie der Garten *seufz*) verirrt sich auf jede erdenkliche Art und Weise in einem Berliner Bummsclub, schließt eine Mitgliedschaft auf Lebenszeit ab und erfährt auf schmerzhafteste Art und Weise, was es mit der titelgebenden Pflanze wirklich auf sich hat. Pfuideibel.

Review
Kurzfilme alleine kannst Du kommerziell vergessen! Die Slots dafür existieren defakto nicht. Wenn Du Glück hast, sendet ARTE ein bisschen was weg oder die öffentlich-rechtlichen Ge- und Anstalten haben mal ausversehen was im Nachtprogramm, um Dir die Zeit zwischen den einzelnen Sexy Sport Clips zu versüßen. Anthologie-Filme sind deshalb ein kleiner Segen. V/H/S* , The ABC's of Death und gelegentlich die Shocking Shorts* lassen uns Kurzfilmkunst genießen. Auch die Geschichten in German Angst vereint nüchtern betrachtet kaum etwas, außer das gemeinsame Plakat und das Topos "Horror" im weitesten Sinne. Der in der Kampagne viel erwähnte deutsche Expressionismus mit stilbildenden Klassikern wie Der Golem und wie er in die Welt kam oder Das Cabinet des Doktor Caligari (Mein Artikel auf Moviepilot) lässt sich mit gutem Willen hier und da erahnen, bei Schattenspielen und dergleichen, hat letztendlich aber die gleiche Relevanz wie fettreduzierte Sahne auf einem Eisbecher. Das ist aber nicht schlimm...

Martina Schöne-Radunski als Hilda
GERMAN ANGST / Make a Wish
Tatsächlich liefert uns German Angst einen Genremix, der sein Publikum zunächst mit einem dramatösen Revenge-Plot faszin-ekelt, dann mit grindhäusiger Phantastik-Nazisploitation verwirrt und abschließend bei Creature-Feature-Noir-Mystery verrückte Sexfantasien anstachelt.

Da liegt der Kollege Oliver Nöding nicht falsch, wenn er Jörg Buttgereit "25 Minuten perfektes Filmemachen" attestiert, "ohne eine einzige vergeudete Sekunde." (Quelle: critic.de) Final Girl fasziniert durch ruhige Closeups und den monotonen Text seiner Protagonistin. Deren Handlungen interpretieren wir größtenteils selbst, denn wir sind nicht mehr als stille Beobachter des Schreckens und der blutigen Amplituden. Ab jetz fasse ich mir heulend in den Schritt, wenn ich 'ne Geflügelschere nur sehe...

Drei Regisseure bedeuten auch drei verschiedene Stile. Du beschwerst Dich ja auch nicht, dass Knöpfe anders funktionieren als ein Reißverschluss. Beides dient dem Zweck Kleidung zu verschließen. In dieser Metapher ist Buttgereit wohl der Reißverschluss: Simpel aber wasserdicht. Michal Kosakowskis Segment Make a Wish ist da ganz klar eine Holzknopfleiste: Absolut retrostylish, schick anzuschauen, aber etwas friemelig. Die Geschichte bietet klassische schwarz/weiß-Malerei, ist meiner Meinung nach schauspielerich am stärksten besetzt. Besonders Martina Schöne-Radunski als durchtriebene Neonazi-Bitch Hilda wäre für mich die erste Wahl für eine passende Darstellung der Harley Quinn. Hollywood, do you hear me? Wenn Du auf Gewalt stehst: Sei willkommen. Nur nachdenken darfst Du nicht zu sehr - zum Beispiel darüber, dass eine handvoll bewaffneter Soldaten wegrennt, wenn ihr Vorgesetzter mit einer Handfeuerwaffe einen nach dem anderen im Schneckentempo abknallt. Who cares. Dafür gibt's noch handgemachte Splattereffekte. Shovel in ya face!

Tänzerin Kira (Kristina Kostiv) sieht nur einen Weg sich zu befreien...
...und da kann Eden (Milton Welsh) leider auch nur bedingt helfen. Shit!
GERMAN ANGST | Alraune
Andreas Marschall (Tears of Kali*, Masks*) ist dieser Typ Mann, auf den Deine Mutter steht, wenn sie sein Foto sieht. Andreas Marschall ist dieser Typ Regisseur, der von Pseudo-Filmgeek-Kids belächelt wird, wenn sie seine Filmografie sehen. Andreas Marschall ist dieser Typ Künstler, die mal alles machen und mal nichts. In diesem Fall hat er alles gemacht. Und fast alles richtig. Der alptraumhafte, urbane Trip Alraune dürfte sich bei Genrefans aus zweierlei Gründen zum heimlichen Favoriten entwickeln. Zum einen umgibt die Story ein lovecraft'scher Hauch beklemmender Verlassenheit in Berlin, zum anderen geizt Marschall nicht mit 'graphic content' - nackter Haut und blutigen Creature-Effekten. Dass nun gerade Hauptdarsteller (und Miguel Ferrer-Klon?) Milton Welsh nicht zu einer ausgewogenen Spielmitte finden mag, ist weniger schön aber verdaulich - Kollegen wie Rüdiger Kuhlbrodt und Désirée Giorgetti fangen ihn auf. Besonders Kuhlbrodt als Mabuse(!)-Rudelbumms-Clubbesitzer Petrus hat mir eine Gänsehaut beschert. Wenn DU in einen elektromusikalischen Gothic-Strip-Club mit alchemistisch-voyeuristischen Botanik-Fetischisten gehst und dabei von einem Typen wie Rüdiger Kuhlbrodt zu einem Kuss aufgefordet wirst, um eine lebenslange Mitgliedschaft abzuschließen: DON'T.

Eine der Nähte, welche die sonst weit auseinanderklaffenden Seiten dieser Anthologie zusammenhält, ist das Sounddesign. Ein ehemaliger Dozent begann eine Vorlesung mal mit dem Spruch: "Du kannst weggucken, aber nicht weghören." Recht hat er. Und ist es nicht zuletzt eine schlechte Synchro, unstimmige Geräuschgebilde und lieblose Musik, welche Billigfilmchen hierzulande so ungenießbar machen? German Angst* hat einen sauberen Ton und stimmige Arrangements und bwegegt sich diesbezüglich auf jeden Fall in internationalen Gewässern. Der hohe Anteil englischsprachiger Dialoge tut sein übrigens dazu.

Fazit
German Angst liefert Horror aus Deutschland, der sich mitnichten mit Sprüchen wie "So schlecht, dass er schon wieder gut ist" herumärgern muss. Genre- statt Schonkost und drei Geschichten die nicht durchgängig perfekt geraten sind, aber ohne Frage viele ihrer internationalen Konkurrenten in den Schatten stellen werden. Buttgereit, Kosakowski und Marschall platzieren ihre Figuren geschickt und beweisen, dass Low-Budget nicht gleich Low-Level bedeutet. German Angst, für mich dieses Jahr definitiv der Defibrillator für das schwarze Herz des neuen deutschen Genrefilms.

Jetzt möchte ich Captain Berlin* von Zac Snyder inszeniert sehen und das German Angst-Kollektiv verfilmt dafür Justice League. Ein Traum.

In diesem Sinne,
MabuseClubRabattkartenVerteilendes Cheerio und viel Spaß bei... bäh... nee, macht was Ihr wollt!!

Euer Rob

Verlosung [beendet]
Zu gewinnen gibt's einmal die DVD und einmal die Blu-Ray zu German Angst.

Einfach die brutal schwere Frage beantworten:
Auf welchen Film spielt der Titel des Reviews an?

  • Schickt eine Mail mit der Lösung an kopfundkino(at)gmx.de
    Betreff: Kopf & Kino Gewinnspiel / Gebt an ob DVD oder Blu-Ray
  • Einsendeschluss ist der 14.05.2015 - 23:59 Uhr
  • Teilnahmeberechtigt seid Ihr ab 18
  • Die Gewinner werden per Zufallgenerator ausgelost und via Mail benachrichtigt 
  • Der Gewinn wird ausschließlich innerhalb Deutschland verschickt
Ich wünsche Euch viel Glück ;)
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Die Verlosung ist beendet.
Gewonnen haben Mathias aus Hamburg (Blu-Ray) und Axel aus Magdeburg (DVD).
Die Gewinner wurden mittels Zufallsgenerator ermittelt und via E-Mail benachrichtigt.

P.S.
Manchmal ist mir ja so und ich versuche Euch nicht ganz unbefriedigt im Regen stehen zu lassen. Und nach diesem Review habt Ihr bestimmt Hunger auf mehr. Mehr von allem. Kein Problem. Die folgenden Links sollten Euren Hunger zumindest zeitweilig befriedigen...

Mehr zu German Angst...

Expedition Genrefilm...

Eine tolle Hörspielbearbeitung von Alraune ist...
...Gruselkabinett #87 - Alraune*

Eine ältere/alte Verfilmung des von Ewers' Buch, mit Hildegard Knef in der Hauptrolle...
...Alraune (1952)*

Im Mediabook, ungeschnitten als #5 der Uncut-Reihe von Pierrot LeFou...
...German Angst*

Trailer zu German Angst


*Affiliate-Link / Werbung: Kauft Ihr über diesem Link etwas, erhalte ich eine kleine Provision. Euch entstehen dadurch keinerlei Nachteile.

Disclaimer: Der Film wurde mir vom Verleiher zur Verfügung gestellt.
Der Text ist nicht gesponsert sondern gibt ausschließlich meine ehrliche Einschätzung wieder.

2 Kommentare:

  1. TheHeathenHammer18. Mai 2015 um 14:35

    Uiuiuiuiui - das deutsche Geflügelscherenmassaker trifft Harley's Nazitrip unter Einsatz libidoverdrehender Tentakelvaginatopfpflanzen. Das ist mal ein Brett!

    Nach den zwei intensivsten Filmstunden seit verdammt langer Zeit liest sich die obige Rezension wie ein Geheimbrief unter Verschwörern: Unbefangen genug, um nicht verdächtig zu wirken, aber mit treffenden Hinweisen hie und da für die Eingeweihten. Gar nicht mal so einfach, da ja gleich drei (naturgemäß verschiedene) Adressaten hier ihre Duftmarken hinterlassen haben.
    Was mir am angenehmsten auffiel, ist die wirklich gut dosierte, visuelle Gewalt, deren Bedeutung sich hauptsächlich während den ruhigen Passagen entfaltet - allen voran im Kammerspiel Final Girl. Man muss Buttgereit den bitterböse vermittelten Minimalismus wirklich hoch anrechnen (den Holzhammer auch einfach mal im Gore-Schuppen zu lassen). Mein Favorit der Anthologie.
    Gut, Kosakowski liefert in Make A Wish dafür zwar so gut wie gar keinen Raum, aber wie Robert es auch schon treffend zusammenfasst: "grindäusige Phantastik-Nazisploitation" stimmt andere Zwischentöne an - mit einem fantastisch unsympathischen Neonazi-Konglomerat. Absolut hassenswert und schauspielerisch über jeden "Deutsche in deutschen Filmen sind wie echte Deutsche: stocksteif"-Zweifel erhaben. Martina Schöne-Radunski (!) und Daniel Faust - da läuft es einem wohlig-kalt den Rücken 'runter. Chapeau!
    Als Fan von Marschalls Tears Of Kali war ich aber vor allem auf Alraune gespannt. Ein Klassiker (Hildegard Knef lässt grüßen) im Jahre 2015 mit Blut und Viehchern...oh ja bitte! Das inszenatorische Filetstück von German Angst stößt Tobias Moretti (tut mir Leid Robert, aber an Miguel Ferrer hätte ich zuallerletzt gedacht) in den Urtypos des "schaurigen Films": Sex, Gothic-Schuppen, eine Geheimloge, ein jahrhundertealtes magisches Dingens und die Unmöglichkeit dem nippelkanbbernden Monstrum zu entgehen. Herrlich! In dieser Qualität hätte ich gern so fragwürdige Unfälle wie Cradle Of Fear (ja, ein nie überwundenes Guilty Pleasure) oder Dagon geshen. Was auch mich zum selben Punkt bringt wie der hochgeschätzte Betreiber dieses Blogs: Deutschland sollte sich (endlich wieder) seiner fähigen Genrefilm-Macher bewusst werden und diese stiefmütterlich behandelte Kunst mutiger fördern.
    Gucken. Bitte. Danke.

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    1. Genau... Und außerdem möchte ich meiner Mutti danken, meinem Zahnarzt und Gott..fried - einfach weil 'Gottfried' ein schöner Name ist. Ach und "Tentakelvaginatopfpflanzen": hübsch. Vielen Dank für dieses ausufernde schöne Feedback... also es war doch Feedback oder? o.O

      Zumindest Danke und WIR WOLLEN MEHR GENRE SEHEN - AUS DEUTSCHLAND FÜR ALLE.
      MAKE GENRE, NO WAR!

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