Mittwoch, 10. August 2016

Deleted Scenes #4

Kopf & Kino Deleted Scenes #4
© NFP / Warner / Disney / Paramount
Wie Batman über Alice redet:
Maggie's Clover Book

[ Prolog | Neulich war ich im Kino und hab mir Ghostbusters angeschaut. Dazu hab ich dann für das Vodafone-Magazin Featured eine Filmkritik abgeliefert. Als Autor mit einem Schwerpunkt im Bereich Film bot sich das an. Kaum geteilt schlaumeiert XY darunter "...Wo ist nur deine Integrität geblieben?" Okay, jedem das seine, denke ich mir und hake das ab. Jetzt beim Verfassen der vierten Kopf & Kino Deleted Scenes schießt mir die Frage wieder in den Kopf und damit einhergehend die Absurdität dieser Frage. "Wenn es bezahlt ist, ist es keine Kunst mehr", ist eine Maxime, die in verschiedener Art und Weise immer mal wieder aufploppt. Dann schaue ich mit Freuden z.B. zu Kollegin Antje Wessels (Wessels Filmkritik) und ihre Beiträge in diversen Print- und Online-Medien. Bis heute habe ich nicht den Eindruck, dass das hoffentlich erhaltene Honorar die Texte in die eine oder andere Richtung beeinflusst hat. Auch wenn das eine verklärt romantische Vorstellung sein mag, aber ich bin dafür, dass Schreiberlinge und Schreiberlinge..rinnen...linge für ihre Arbeit bezahlt werden, so wie andere Menschen - und solche die es noch werden wollen - auch.]

Und wieder hab ich mich das ein oder andere Mal ins Kino verirrt und es nicht geschafft, instant einen Review zu tippen. Der Job, die Unlust, der Kaffee und die Sache mit der Weltpolitik - hauptsache nicht faul. Aber über den einen oder anderen Streifen mache ich mir trotzdem meine Gedanken und manchmal sogar so viel, dass ich sie in dieses kleine Format hier reinsuppen lassen. Am gemischten Filmbüffet gibts diesmal unter anderem animationlastigen Wahnsinn, eine Wahnsinnsanimation, animalische Abstraktion und außerirdische Annihilation. Wohl bekomms.

Maggies Plan
oder: Die Sache mit dem Sperma und dem vollen Mund

Die moderne Frau von heute ist mitnichten hilflos, dafür eine hübsche Akademikerin mit knuffigen Backen und Wangen und befruchtet sich lieber selbst, weil Beziehungen nicht so wirklich produktiv sind. So weit, so normal. In Rebecca Millers Screwmödie werden die Single-Mutti-Pläne der charmant verballerten Maggie (Greta Gerwig) negiert, als sie John (Ethan Hawke) kennen-, vögeln- und irgendwie lieben lernt. Natürlich ist John ein verheirateter Familienvater. Verheiratet übrigens mit einer egozentrischen Emanze namens Georgette (Julian Moore), die ihn auch nach der Scheidung noch täglich in Beschlag nimmt.

Maggies Plan* ist nicht laut, außer an den Stellen in denen Ethan Hawke isst. Mein Gott, geht es mir auf den Sack, wenn der Mensch mit vollem Mund redet. Ob Drehbuchkniff oder Realität: don't do it! Ich reibe mich seit dem Kinobesuch an der Einordnung als Komödie auf. In vielen Szenen schwingt süße Melancholie mit und zeigt unkompliziert auf, welche Komplikationen die "Why not?"-Gesellschaft mit sich bringen kann. Affaire, Kinder, hin und her - why not? Und mit zunehmender Laufzeit wird dem Zuschauenden klar, dass er kein Ticket für eine RomCom erworben hat, sondern für die Erkenntnis, dass die Idee von Liebe oft schöner ist, als die Liebe selbst. Und das frisches Sperma doch am schwangersten macht. #LoveMeLoveMeSayThatYouLoveMe

OT: Maggie's Plan | 99 Min | FSK o.A. | R: Rebecca Miller | VÖ: 04.08.16 (Kino) | © MFA+

Batman: The Killing Joke
oder: Batgeschichten für Erwachsene

Es ist kein unbekanntes Phänomen: Junge hübsche Bibliothekenfachkräft*innen streifen nächtens durch finstere Gassen urbaner Sündenpfuhle, um schurkischen Schurken das schändliche Schandwerk zu legen. Um die Gegner zu verwirren, werden sekundäre Geschlechtsmerkmale betont und Individualisierungsmerkmale wie Augen und das auffällig rote Haar vermeintlich schlecht oder gleich gar nicht versteckt. Wer braucht schon eine gute Tarnung, wenn sich allerlei pfiffige Gagdets am Mehrzweckhöschen befinden und sich unter selbigen ein prominenter Artgenosse der Gattung "mürrische Menschenfledermaus" Zutritt zur Bathöhle verschafft hat?

Barbara Gordon hat so ein Bauchgefühl | © Warner Home
 Batman - The Killing Joke* hat in den USA natürlich das höchste, also das R-Rating bekommen - wegen Sex, Gewalt und krankem Zeug, dass Du sonst nur im Kölner Edelpuff zu sehen bekommst. Hierzulande kam die Noir-eske Verfilmung der gleichnamigen Bestseller-Graphic-Novel* mit einem FSK-16-Siegel davon. Vermutlich wieder aus dem üblichen Grund: die deutschen Rating-Institute haben mit Sex weniger Probleme als die amerikanischen. Das regt mindestens genauso zum Nachdenken an, wie die Feststellung, dass Joker hier von Torsten Michaelis synchronisiert wird und nicht von Bodo Wolf, der sich hervorragend durch die Arkham-Spielreihe gejokert hat. Bodo Wolf spricht in diesem Film stattdessen eine völlig austauschbare Nebenrolle. Schade. Zumal The Killing Joke an der Interpretation des Jokers hängt, der in dieser Geschichte von Allan Moore seine (mögliche) Entstehungsgeschichte zum Besten gibt, während er einem finalen Treffen mit dem dunklen Ritter entgegenmordet. Batman: The Killing Joke setzt sich immer noch positiv von seiner Konkurrenz ab, lässt bei Fans aber sicherlich den rauen Touch vermissen, der in der Vorlage über bloße Gewaltexzesse hinausging. Obgleich ich mich nicht beschweren will, denn wann bekommt man schon einen Comissioner Gordon in Unterwäsche zu sehen?

OT: Batman: The Killing Joke | 77 Min | FSK 16 | R: Sam Liu | VÖ: 04.08.16 (Kino) | © Warner Home

Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln
oder: Cosplay-Vorlage 2 - Jetzt mit noch mehr Drogen

Nun hat Tim Burton also das Regie-Zepter weitergereicht. Vor der Kamera hingegen bleibt alles beim Alten: Mia Wasikowska schrumpft, springt und schreit sich von einem Greenscreen zum nächsten und muss dabei vorgaukeln, nicht den Verstand zu verlieren, wenn Johnny Depp wieder sich selbst mit Hut spielt und dabei so an die Grenzen des Erträglichen geht, dass ich mir im Anschluss eine Runde Loriot geben musste, um daran erinnert zu werden, wie dezentes Mienenspiel überzeugen kann. Thematisch setzt sich der Film mit der Zeit auseinander und hat für den Zuschauer direkt ein, zwei Weisheiten im Repertoire, die sogar irgendwie sinnig erscheinen und einen dezent philosophischen Ansatz haben, der allerdings erst einmal rausgefiltert werden will, aus all dem quietschebunten Effektebrei. Ich mein, klar, Alice-in-Wonderland-Fans werden vergnügt Stielaugen bekommen, wenn die Hintergrundgeschichte der Herzkönigin (erstaunlich überzeugend: Helena Bonham Carter) entsponnen wird, bzw. mittels einer rührseligen Kitschsalve nach der anderen ins Gesicht geblasen. Dass der Riesenschädel der Matrone letzten Endes nur Resultat der miesen medizinischen Versorgung in Wunderland ist, wirkt im Kontext des sonstigen Wunderlandgedöns schon fast enttäuschend. Ich begreife aktuell auch noch nicht, warum mir die Fortsetzung tendenziell besser gefällt. Vielleicht liegt es an der fast schon episodischen Struktur, oder daran, dass der Film tendenziell etwas düsterer ist, als sein Vorgänger, aber ich hab den Film zumindest an einem Stück ertragen, ohne zwischendurch das Bedürfnis gehabt zu haben, mit einer Morphin-Injektion in Richtung der Leinwand zu rennen, damit auf selbiger wenigstens etwas Ruhe einkehrt. Also, auf einer Skala von Bumms bis Fridolin, bekommt Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln* einen soliden Jabberwocky. Geil wa?

OT: Alice Trough the Looking Glass | 113 Min | FSK 6 | R: James Bobin | VÖ: 25.05.16 (Kino) | © Disney

Wie Männer über Frauen reden
oder: Keine Frauen im Bummslazarett Kreuzberg

Deutsche Filme dieser Tage brauchen drei Dinge um eine breite Kinoauswertung zu bekommen:
  1. Frederik Lau in einer Hauptrolle
  2. Fesche Musik, die gerne auch am Stück gespielt werde darf
  3. Möglichst eine Tendenz ins Feel-Good- und Herzschmerz-Genre - gerne auch kombiniert
Glückwunsch: Wie Männer über Frauen reden* hat es ins Kino geschafft. Die Story um eine Männerclique in Berlin Kreuzberg, die verschiedene Einstellungen zum Thema Beziehungen pflegt, ist weder neu noch originell, aber es bringt bekannte Muster nett unter einen Hut. Frederik Lau spielt eh gerade alles weg, was nicht bei drei vom Drehbuchtisch ist und Oliver Korittke lässt einen, mit seiner Althipster-Partyschwein-Machoattitüde, zumindest mal schmunzeln. Vermutlich regt der Film Midlife-Krisen an, wo die Herren der Schöpfung bisher keine vermutet haben. Vorsicht: Das vermittelte Bild, dauergeiler Discomiezen, die auch die ranzigsten Altmännerschablonen angeifern, könnte sich im wahren Leben als löchrig erweisen. Zur allgemeinen Erheiterung folgend ein Song aus dem OST, der den Film treffend zusammenfasst.



OT: Wie Männer über Frauen reden | 98 Min | FSK 12 | R: Henrik Regel | VÖ: 14.05.16 (Kino) | © NFP

The Jungle Book
oder: Tiger, die Delfine des Dschungels

Die Geschichte des Dschungelbuchs ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Und auch ich war zunächst etwas angenervt von dem zigsten Versuch die altbekannte Geschichte neu auszuschlachten. Ehrlich gesagt lockten mich dann zweierlei hinein. Zum ersten Jon Favreau auf dem Regieklappstuhl, der irgendwie gemütlich immer wieder zwischen Mainstreamerfolgen wie Iron Man* und Feelgoodkleinigkeiten wie Kiss the Cook* pendelt. Zum zweiten war mein Kühlschrank leer und ich musste sowieso in die Stadt - den Großstadtdschungel (#badumtss). An der Story hat sich nicht viel verändert. Bereits als junger Menschenbub findelwaisenkindert Mowgli in die Obhut der Wolfsmutter Raksha (Heike Makatsch), um einige Jahre später auf der To-do-Liste des Tigers Shir Khan (Ben Becker) zu stehen. Die Story selbst könnt Ihr bei Frau Mama oder dem Opa genauer anfragen - sicherlich haben sie noch eine analoge Ausgabe des Originals von Rudyard Kipling* im Schrank.

Können Gras wachsen hören: Mowgli und Baghira | © Disney
 Und schon jetzt, in einer distanzierten Nachbetrachtung von The Jungle Book*, möchte ich ins Schwärmen verfallen - könnte dann aber meine Integrität verlieren. Spaß. Ich schwärme einfach. Dem A-Klasse-Spracherensemble der OV gerecht zu werden, ist schwer genug, aber mit Synchron(/Schau)spielern wie Joachim Kròl (Akela), Heike Makatsch (Raksha), Jessica Schwarz (Kaa) und Justus von Dohnányi (Akela) ist die deutsche Fassung ein echtes Vergnügen für die Lauschmuscheln. BTW: Ich mag Bill Murray, ernsthaft, ich lieb ihn. Würde ich ein Spanferkel vor dem Verzehr retten, ich glaube, ich würde ihm einen Ghostbusters-Mini-Overall anziehen und Venkman draufschreiben, aber nicht mal er kommt an Armin Rohde als Balu der Bär heran. Die Frage ist, ob Rohde den Bär spricht, oder Armin heimlich eigentlich ein Bär im Menschenkostüm ist. Für die geplante Fortsetzung biete ich mich übrigens frei und willig als Nachwuchsbär an, vor oder hinter der Kamera! An dieser Stelle mal wieder eine absolut ernstgemeinte Kopf & Kino-Empfehlung für The Jungle Book. #OhSchubiduIchWärSoGernWieDu #WolfskindKulleraugen

OT: The Jungle Book | 104 Min | FSK 6 | R: Jon Favreau | VÖ: 14.04.16 (Kino) | © Disney

10 Cloverfield Lane
oder: Kellerkinder - Defenders of the Franchise

Ihr erinnert Euch an den Moment, in dem die Sitznachbarn erst im Kino feststellten, dass es sich bei Cloverfield* um einen verwackelten Found-Footage-Horror handelte und nach einer halben Stunde würgend das Kino verließen. Das bleibt bei 10 Cloverfield Lane* erspart, denn die Inszenierung des beklemmenden Kammerspiels bedient sich einer bewährten Ästhetik - auch wenn ich mich noch immer frage, wie die Kamera und John Goodman zur gleichen Zeit in die Kulisse gepasst haben. Aber sie haben und dazu sogar noch eine angenehm hysteriebefreite Mary Winstead (u.a. The Thing*), die sich nach einem Autounfall in einem Kellerbunker wiederfindet, zusammen mit Bunkerbauer Howard (John Goodman) und dem schlichtmütigen Emmett (John Gallagher, Jr.). Die Erdoberfläche scheint unbewohnbar, aber weiter nachfragen darf das Mädel nicht, denn Howard ist instabiler als spaltbares Plutonium und neigt zu spontanen Wut- und Gewaltausbrüchen.

Der Film hätte auch alleinstehend funktioniert und wurde aus einem Skript entwickelt, The Cellar, das nicht für das so called Cloververse konzipiert war. Man merkt die Anleihen an den Cosmic Horror der bekannten Lovecraft-Stories und ist womöglich am Ende direkt etwas enttäuscht über die Auflösung - oder eben den Umstand die Auflösung irgendwie kennen zu müssen, durch den Fakt, dass 10 Cloverfield Lane mittlerweile breit als Cloverfield-Fortsetzung vermarktet wurde. Er ist ohne Frage der spannendere Film und überzeugt vor allem mit einer bedrohlichen Grundstimmung, die das Publikum gefangen nimmt. Und auch, wenn wir einer Auflösung entgegenfiebern, überzeugen vor allem die 80 Prozent der Laufzeit, die wir mit den dreien im Keller verbringen. Also, wenn Ihr das nächste Mal gefesselt in einem Keller aufwacht, glaubt nicht gleich alle Apokalypse-Theorien - oder lieber doch?

OT: 10 Cloverfield Lane | 103 Min | FSK 16 | R: Dan Trachtenberg | VÖ: 31.03.16 (Kino) | © Paramount Pictures Germany

Zack und schon wieder alle. War gar nicht so schlimm, oder? Ihr habt noch Anregungen, wollt unbedingt eine Rezension zu einem bestimmten Film lesen, oder Euch einfach nur über mich auskotzen? Kübelt Eure Gedanken doch ganz unkompliziert in das Kommentarfeld. Danke.

In diesem Sinne,
BatmanAusAliceImDschungelbuchvorlesendes Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten wilden Kinobesuch

Euer Bärenjunges Robli

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