(The Purge)
oder:
Panzertape
und Munition: An American Family Story
Ethan
Hawke zeigte schon 2012 in Sinister,
dass er den 'besorgten Familienvater' drauf hat. Diesmal dreht es
sich zwar auch um Dämonen, aber eher um die inneren. Produzent Jason
Blum hat vermehrt düstere Stoffe in seinem Portfolio. So stehen
außer The Purge
und Sinister
auch noch Insidious,
die Paranormal
Activity
– Reihe oder auch der Rob Zombie Streifen The
Lords of Salem auf
dem Konto des Produzenten. Er kennt sich also in der Materie aus.
Dass Michael Bay und seine Platinum
Dunes
Co-Produzenten waren verwunderüberraschtstörte mich, denn –
SPOILERALARM – es gibt weder Transformers noch irgendwelche
reanimierten Horrorfranchiseleichen! Die besten Filmideen und
Drehbücher entstehen aus einer einfachen Frage heraus: "Was
wäre wenn...?" Was wäre wenn für einen Abend jegliches Gesetz
aufgehoben wäre und der Mensch sich von angestauten Agressionen
befreit - in brutalster Art und Weise, ohne dafür belangt zu werden?
Ähm...wer war schon mal auf einer Studentenparty? Auf euren Wunsch
hin habe ich mich in die gepurgeden Sitze meines Stammkinos
begeben...
Story
2022.
Die neuen Gründerväter der USA haben es geschafft die
Arbeitslosigkeit auf 1% zu senken (ein Traum!) und die
Kriminalitätsraten auf einen Rekordstand zu drücken. Wie? Einmal im
Jahr machen alle zuständigen Behörden für 12 Stunden die Augen zu.
Der ganze wütende Pöbel darf mal ordentlich die Sau rauslassen und
purged sich gegenseitig auf die Fresse, dass es Wirtschaftswunder
hagelt. Familie Sandin wähnt sich sicher in Ihrem Heim, ist doch
Oberhaupt James (Ethan Hawke) Vertreter für Sicherheitstechnik.
Spätestens aber als der Sohn einen obdachlosen, gehetzt wirkenden
jungen Mann (natürlich schwarz, wir sind in Amerika!) ins Haus
lässt, ist es aus mit der Ruhe. Ein purgendes Pack gewaltbereiter
Purger ist gekommen um den "obdachlosen Penner" zu purgen.
Purge!
Review
The
Purge ist ein Indifilm. Nicht
nur das schmale Budget, sondern auch die daraus resultierende Neigung
eine besonders lange Exposition angedeihen zu lassen sind typisch
Independentfilme. Denn vor allem bedeutet eine lange Exposition in
diesem Fall kostengünstig zu produzieren. Kaum Spezialeffekte, keine
Action. Lange Einstellungen. Man kann mit gutem Willen auch sagen,
der Regisseur nehme sich Zeit um seine Figuren einzuführen,
realistischerweise kann man aber auch einfach sagen: 65 Minuten sind
zu kurz für einen Featurefilm und ausschweifende Gespräche über
Kekse sind einfach billiger! Kameramann Jacques Jouffret fotografiert
aber auch diese gekonnt aus der Hand. "Stative sind was für
Pussies" dachte sich Regisseur James DeMonaco sicherlich, anders
lässt sich die Kameraführung, welche tatsächlich auf Stativ zu
verzichten scheint, nicht erklären. Wer jetzt aber den inflationären
Einsatz von Schärfenverlagerung angeordnet hat, lässt sich
rückwirkend schwer klären. Aber dieser Effekt gesellt sich zu
einer Reihe anderer Stilmittel, welche schamlos nach Schema F
verbraten werden um dem Zuschauer ein Juchzen zu entlocken. Absolute
Stille vor Schockmomenten, Schärfenverlagerung mit "Oops, da
steht wer da hinten!"-Auflösung und Schüsse aus dem Hinterhalt
sind alles Sachen die schon einmal da waren. Aber wer heutzutage das
Kino, insbesondere das Genrekino, neu erfunden haben will – sollte
sich auf eine Durststrecke gefasst machen. Dass die Medien The
Purge auch permanent als
Horrorfilm verbraten wollen, ist leidlicherweise auch nur Teil der
Geldmaschinerie namens Hollywood. Vielmehr bietet sich hier ein
leicht verdaulicher Home Invasion Thriller. Der Fakt, dass er dabei
nun zehn Jahre in der Zukunft spielt ist mehr verspielter Killefitz
des Autoren als wirklich ein Grund den Film auch noch als Sci-Fi (ja,
wurde er!) zu deklarieren. Wie so oft wurde das Genre beworben was
als profitabelstes angesehen wurde. Dass der Film Plotlöcher und
unnachvollziehbare Handlungssprünge der Protagonisten hat ist zwar
ärgerlich, stört bei dieser mageren Story aber weniger als man
denkt. Wer sich im Metier ein wenig auskennt wird nach 10 Minuten
bemerkt haben, dass er sich entspannt zurücklehnen kann und nicht
allzuviel grübeln muss. Weniger subtil vermittelt der Film seine
Botschaft und bietet ein Spiegelbild der amerikanischen Mittelschicht
auf dem Silbertablett...ähm...UND Panzertape...UND Heinz
Ketchup...UND "bor` Ihm den Brieföffner in die Wunde Schatz!"
Fazit
Interessante
Idee meets flache Figurenzeichnung und unausgegorenes Drehbuch,
serviert dafür aber ab der zweiten Hälfte durchaus annehmbare
Schauwerte, nette Catchphrases und die Gewissheit, dass Gewalt keine
Lösung ist...sondern eine Säuberung!
Kein Splatter. Kein Horror. Mehr eine wenige subtile Gewaltsatire auf Kapitalismus und Politik.
In diesem Sinne,
durchdiestraßenschwadronierendes
Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten Purge...ähm Film
Euer
Robert
Trailer
The
Purge – Die Säuberung
85
Minuten
FSK
16
USA,
2013
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