Mittwoch, 11. Dezember 2013

Carrie

oder: 
Mobbingopferreport 2013:
Eine Geschichte voller Missverständnisse

Wir kennen das alle:
Mitten in der Pubertät. In der Schule ein Außenseiter. Daheim eine religiös-fanatische Mutter. Und dann erwischts einen richtig. Nach dem Sportunterricht will man sich nur mal anständig mit der Kernseife zwischen den Beinen schubbern, plötzlich menstruiert man am Boden liegend vor sich hin und bekommt von den Highclass-Bitches diverse Damenhygieneartikeln an die Mütze. Der ganze Zirkus wird dann auch noch gefilmt und per Social Media verbreitet. Klar, so`n Tag brauchst Du wie ein Stein im Schuh. Und als ob das alles nicht genug wäre bemerkst Du dann, stephenkingseidank, dass Du telekinetisch begabt bist. Da würde ich aber auch die Turnhalle zerlegen!

CARRIE ist wieder da. Nach dem Original von 1976, dessen Fortsetzung Carrie 2 – Die Rache und dem (Bruch)Pilotfilm 2002 wurde nun die humorresistente Kimberly Peirce (Boys Don`t Cry) auf den Regiestuhl gebeten. Und sie schlägt sich wacker, denn viel mehr als der gruselige Horrorfilm, ist Carrie ein Coming-of-Age-Drama mit einigen blutigen Momenten. Nachwuchsbombe Cloë Grace Moretz (Kick-Ass 1+2; Let Me In) mimt eine moderne Carrie im Selbstfindungprozess, die ob ihrer süßen Optik, glaubwürdig vermittelt unerwünscht zu sein. Moretz verlässt sich vielleicht einmal zu oft auf ihre geknickte Haltung und geht mit ihrem Spiel an ein, zwei Stellen eine Mü over-the-top. Dass der Film an einigen Stellen unfreiwillig zum Schmunzeln einlädt liegt leider eindeutig an Regisseurin Peirce. Wenn Julian Moore als Carries Mum plötzlich im Bild auftaucht als sie versucht ihren Kopf stakkatoartig in die Wand einzuhämmern, oder ihrer Tochter unvermittelt eine Kopfnuss verpasst, soll das drastisch sein, wirkt leider eher wie astreine Slapstick.

Auf Vergleiche zum Brian de Palma Film verzichte ich nun absichtlich. Genügend Artikel existieren zu diesem Thema und aktuell bin ich es leid schon wieder schreiben oder lesen zu müssen: „XY kommt an das Original nicht heran, aber...“. Wer ständig in der Vergangenheit festhängen will, soll dies tun. Der vorliegende Film besitzt den Geist der Buchvorlage und stellt die Probleme einer Carrie in dem Jahr 2013 dar.

Dass die Duschszene 1:1 aus de Palmas Film übernommen wurde ist jetzt auffällig, aber vielleicht hatte da der Drehbuchautor auch einfach nur einen Tag frei oder so.


Fazit
Carrie ist nicht gruselig. Wer sich von dem Trailer und den Plakaten täuschen lässt und sich auf einen blutigen Horrorstreifen freut, wird enttäuscht werden. Wer aber die Prämisse eines Jugenddramas mit spektakulärem Ende voran setzt, hat vermutlich ein nettes Kinoerlebnis, welches wohl keinen Kultstatus erreichen wird, aber angenehme und spannende Menstruationsfremdschämmomente und Effekte liefert.

Es begann mit ihrer Periode. Es endete mit einem Massaker.
Willkommen in der weiblichen Pubertät.

In diesem Sinne,
hormonüberbrodelndes Cheerio und viel Spaß bei eurem nächsten Film

Euer Robert


Trailer
Carrie
99 Minuten
FSK 16
USA, 2013

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