OT: Samba | 119 Min | FSK 6 | FR, 2014 VÖ: 26.02.15 (Kino) | © Senator |
[ Prolog | Wenn ich in den Hallen meines Stammkinos herumschlendere, beobachte ich Menschen. Familien nerven sich gegenseitig. Singlemuttis schielen auf Fifty Shades of Grey, gehen dann mit dem Nachwuchs aber in Bibi & Tina - ein Franchise in dem eindeutig mehr geritten wird. Singlevatties schielen auf die Singlemutties. Verliebte Pärchen funkeln sich an und sind die Karrikatur der Werbeplakate, denen sie nacheifern. Die Röhrenjeansgeneration eben. Ich sitze da, fotografiere meine Eintrittskarte für Facebook und lasse die Gedanken schweifen. Welchen Review hab ich noch auf Halde zu liegen? Sind meine Reviews zu hart; zu weich? Kapieren meine Leser, wann es Satire ist und wann ernst gemeint, oder bin ich da zu schwammig? Bin ICH zu schwammig oder hole ich mir doch noch eine Kugel von dem Schokoeis? Neben diesen essenziellen Fragen, ist eine der häufigsten aus meinem näheren Umfeld folgende: "Welchen Film kannst Du denn momentan empfehlen?" Die Rezensenten-Krankheit hindert mich meist daran, einfach einen Titel zu nennen. Die Gefahr ist zu groß, dass Du auf ein Genre festgenagelt wirst. Schnell frage ich dann zurück:
"Auf was stehst Du denn so?"
"Och weiß nicht. Muss gut sein."
Als ob irgendwer an die Kasse geht und nach einer Karte für den 'beschissensten Film den Sie spielen' fragen würde. Obwohl das eigentlich mal ne Idee wäre. Der Rob Flop der Woche? Notiert. Selbstverständlich muss ein Film gut sein. Du bezahlst Geld dafür und bei den aktuellen Preisen willst Du nicht die Katze im Sack kaufen. Aber Geschmäcker sind tatsächlich verschieden. So beginnt eine Analyse des Geschmacks, dessen Quintessenz 'na mal schauen' sein wird. Ab und an gibt es cinematische Glücksfälle. Würde mich jetzt, in diesem Moment, jemand mit einer Kugel Schokoeis überraschen und nach einem guten Film fragen, würde ich ohne zu zögern sagen: Heute bin ich Samba. ]
Ziemlich beste Freunde gilt gemeinhin als guter Film. Schulklassen schauen ihn im Rahmen von intigrativen Projekten im Kino. Ich selbst durfte den Film bereits vor solch einer Horde Heranwachsender anmoderieren. Ein Spaß. Dutzende Pfleger ärgern seit diesem Film ihre Patienten, kiffen mit ihnen und hoffen, einen reichen Behinderten als Patienten abzubekommen. Kurz: Das Regisseur-Duo Olivier Nakache & Èric Toledano hat einen sauberen Job gemacht und Darsteller Omar Sy auch über die Grenzen Frankreichs hinaus zu Bekanntheit verholfen ... und damit vermutlich zu einer Rolle in X-Men: Zukunft ist Vergangenheit. Nakache, Toledano und Sy kollaborieren erneut und werden diesmal von der reizenden Charlotte Gainsbourg unterstützt. Der deutsche Verleiher (Senator) gönnt auch diesem zarten Stück nicht die Freude seines bescheidenen Original-Titels. Aus Samba wird Heute bin ich Samba. Zur Erinnerung: Ziemlich beste Freunde heißt im Original Untouchables. Was Senator wohl aus Kopf & Kino machen würde? Vermutlich Sein Kopf. Ihr Kino. oder so. Hier nun aber der Review zu *seufz* Heute bin ich Samba.
Story
Samba (Omar Sy) ist Tellerwäscher in einer französischen Gastronomie. Viel wichtiger noch, ist er ein Tellerwäscher ohne Papiere. Und das seit zehn Jahren. Samba landet in Abschiebehaft. Hilfe bekommt er von Alice (Charlotte Gainsbourg), einer Karrierefrau, welche ihre Burn-out-Krankschreibung nutzt, um sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Entgegen des Ratschlags sich von den Fällen innerlich zu distanzieren und z.B. ihre private Rufnummer nicht herauszugeben, gibt sie ihre private Rufnummer an ihren ersten Flüchtling raus - Samba...
Review
Nein, mehr Inhalt möchte ich nicht verraten. Alles andere wäre zu viel; wäre unnötig; wäre gemein. Die Gelegenheit diesen Film in vollen Zügen zu genießen - aber auch in vollen Kinos -, möchte ich Euch nicht nehmen. In den letzten Wochen habe ich keinen Film im Kino gesehen, der es schafft, mit seinem Buch zu überzeugen, mit gut getimten Pointen sein Publikum zum Lachen zu bringen, sanfte Melancholie nicht mit Tränendrüsen zu verwechseln und seine Hauptdarsteller so zu inszenieren, dass sie uns sympathisch sind - egal wie unsympathisch sie sich geben.
Der visuelle Stil bleibt unverändert. Ruhige Einstellungen vom Stativ wechseln sich in gesundem Maße mit der Handkamera ab. Auch wenn nahe und halbnahe Einstellungen dominieren, nutzt Heute bin ich Samba die gesamte Bandbreite des inszinatorischen Handwerks aus. Um dem Vorwurf der Arschkriecherei zu entgehen, könnte ich jetzt anmerken, dass hier und da ein Close Up zu lange steht, aber sind wir ehrlich: Das wäre Meckern um zu meckern und dafür gibt es das Feuilleton der FAZ und der WELT und natürlich Kollege Pönack.
Nüchtern betrachtet liefern uns Autorenfilmer Toledano und Nakache einen ziemlich besten Aufguss. Außenseiter mit Migrationshntergrund trifft seelisches Wrack und gewinnt das Herz der zweiten Hauptrolle durch seinen natürlichen Charme und seine ehrliche Art. Im Gegenzug hilft der/die Kaputte Omar Sy dabei, sich selbst zu finden und aus einem sozialen Kokon zu schlüpfen. Zweifelsfrei erschöpft sich auch dieses Prinzip irgendwann, in diesem Fall allerdings geht die Rechnung noch einmal auf. Frankreich zeigt eindrucksvoll, dass Liebesgeschichten fernab von Klischees erzählt werden können. Heute bin ich Samba lebt auf der einen Seite von einem zarten Knistern zwischen Sy und Gainbourg, auf der anderen Seite von dem Charme seiner gut skizzierten Nebenfiguren.
Fazit
Heute bin ich Samba ist ein Film für das zweite Date und für verregnete Sonntage auf dem Sofa. Es ist ein Film für den ersten Abend nach der Trennung. Ein ruhiger Film mit Bildern, welche ebenso wohldurchdacht arrangiert sind, wie der eingängige, teils herrlich melancholische Score von Ludovico Einaudi. Seit langem mal wieder eine klare Kopf & Kino-Empfehlung.
Kleiner Tipp für Leseratten: Der Film basiert auf dem Roman Samba für Frankreich, von Waltraud Schwarze.
In diesem Sinne,
FalscheAusweiseVerschacherndes Cheerio und viel Spaß beim nächsten ersten Date
Euer Rob
Trailer zu Heute bin ich Samba
Story
Samba (Omar Sy) ist Tellerwäscher in einer französischen Gastronomie. Viel wichtiger noch, ist er ein Tellerwäscher ohne Papiere. Und das seit zehn Jahren. Samba landet in Abschiebehaft. Hilfe bekommt er von Alice (Charlotte Gainsbourg), einer Karrierefrau, welche ihre Burn-out-Krankschreibung nutzt, um sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Entgegen des Ratschlags sich von den Fällen innerlich zu distanzieren und z.B. ihre private Rufnummer nicht herauszugeben, gibt sie ihre private Rufnummer an ihren ersten Flüchtling raus - Samba...
Review
Nein, mehr Inhalt möchte ich nicht verraten. Alles andere wäre zu viel; wäre unnötig; wäre gemein. Die Gelegenheit diesen Film in vollen Zügen zu genießen - aber auch in vollen Kinos -, möchte ich Euch nicht nehmen. In den letzten Wochen habe ich keinen Film im Kino gesehen, der es schafft, mit seinem Buch zu überzeugen, mit gut getimten Pointen sein Publikum zum Lachen zu bringen, sanfte Melancholie nicht mit Tränendrüsen zu verwechseln und seine Hauptdarsteller so zu inszenieren, dass sie uns sympathisch sind - egal wie unsympathisch sie sich geben.
Der visuelle Stil bleibt unverändert. Ruhige Einstellungen vom Stativ wechseln sich in gesundem Maße mit der Handkamera ab. Auch wenn nahe und halbnahe Einstellungen dominieren, nutzt Heute bin ich Samba die gesamte Bandbreite des inszinatorischen Handwerks aus. Um dem Vorwurf der Arschkriecherei zu entgehen, könnte ich jetzt anmerken, dass hier und da ein Close Up zu lange steht, aber sind wir ehrlich: Das wäre Meckern um zu meckern und dafür gibt es das Feuilleton der FAZ und der WELT und natürlich Kollege Pönack.
Nüchtern betrachtet liefern uns Autorenfilmer Toledano und Nakache einen ziemlich besten Aufguss. Außenseiter mit Migrationshntergrund trifft seelisches Wrack und gewinnt das Herz der zweiten Hauptrolle durch seinen natürlichen Charme und seine ehrliche Art. Im Gegenzug hilft der/die Kaputte Omar Sy dabei, sich selbst zu finden und aus einem sozialen Kokon zu schlüpfen. Zweifelsfrei erschöpft sich auch dieses Prinzip irgendwann, in diesem Fall allerdings geht die Rechnung noch einmal auf. Frankreich zeigt eindrucksvoll, dass Liebesgeschichten fernab von Klischees erzählt werden können. Heute bin ich Samba lebt auf der einen Seite von einem zarten Knistern zwischen Sy und Gainbourg, auf der anderen Seite von dem Charme seiner gut skizzierten Nebenfiguren.
Fazit
Heute bin ich Samba ist ein Film für das zweite Date und für verregnete Sonntage auf dem Sofa. Es ist ein Film für den ersten Abend nach der Trennung. Ein ruhiger Film mit Bildern, welche ebenso wohldurchdacht arrangiert sind, wie der eingängige, teils herrlich melancholische Score von Ludovico Einaudi. Seit langem mal wieder eine klare Kopf & Kino-Empfehlung.
Kleiner Tipp für Leseratten: Der Film basiert auf dem Roman Samba für Frankreich, von Waltraud Schwarze.
In diesem Sinne,
FalscheAusweiseVerschacherndes Cheerio und viel Spaß beim nächsten ersten Date
Euer Rob
Trailer zu Heute bin ich Samba
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