(The Hobbit - An Unexpected Journey)
oder:
Der
laufende Meter – Ein unerwartet lange Reise, um den heißen Brei
„Ein
Ring Sie zu knechten...“ , Merchandising
abzusetzen und Umsatz zu machen. So unendlich viel, dass es eine gute
Idee zu seien schien, das literarische Quasi-Prequel „Der kleine
Hobbit“ auch auf die Leinwand zu bringen. Leider ist eben dieses
nur ein dünnes Kinderbuch – kein Problem für das Autorenteam rund
um Peter Jackson, welches es schaffte das Kleinod auf eine Trilogie
auszuweiten. Glückwunsch dazu. Die Geldmaschine läuft wieder. Im
Dezember lief der erste Teil „Eine unerwartete Reise“ in den
deutschen Kinos an und lockte bereits am Startwochenende 1,08
Millionen Besucher ins Auenland. Während einer düsteren Wetterphase
und nach Abhandenkommen aller sonstigen Zeitvertreibmöglichkeiten,
verirrte auch ich mich nach Prequelhausen und weiß nun von gar
wunderlich Dingen zu berichten.
Story
Bilbo
Beutlin, Onkel von Elijah – äh Frodo Beutlin offtextet sich
durch seine Wohnung und macht dem Zuschauer klar, dass ja noch längst
nicht alle Geschichten erzählt wurden. Hobbitseidank schreibt er Sie
gerade nieder und lässt alles sehr bildlich vor seinem geistigen
Auge Revue passieren.
Der
junge Bilbo Beutlin – ruhig und tomatenzüchtend – bekommt
unverhofft Besuch von Gandalf dem Grauen,
der unseren Protagonisten zu einem Abenteuer überreden will. Nachdem
dieser jedoch ablehnt rennen ihm am selben Abend eine Horde Zwerge
die Bude ein, fressen die Speisekammer leer und benehmen sich wie
drei Tage Rütlischule. Zauberhut Gandalf erklärt unterdessen dass
Bilbo die Expedition zum verlassenen Reich der Zwerge begleiten wird,
um eben dieses zurückzuerobern.
Review
Nein,
ich bin kein Hardcorefan
vom „Herr der Ringe“-Franchise. Ich schaue die Filme gerne - aber
nicht gern genug um mir alle Eigennamen, Beweggründe, Ahnenreihen,
etc. zu erarbeiten. Aber ich mag durchaus gutes Kino und
diesbezüglich konnte man an der Trilogie kaum rütteln. Peter
Jackson weiß wie man das Publikum fängt. Diesmal auch? Ich habe das
Büchlein nicht gelesen und bin der Meinung dass die Bilder auf der
Leinwand selten mit den Bildern in den Köpfen der Leser
übereinstimmen werden. Vorliegender Film soll deswegen nicht an der
Vorlage gemessen werden. Meine ersten Zeilen, in diesem Abschnitt,
widme ich zumeist der Technik. Regelmäßige Leser wissen dass ich
den diesen Part gerne etwas stiefmütterlich behandele – vielleicht
auch weil ein verkappter Filmnostalgiker in mir schlummert. Diesmal
allerdings darf ich hier einmal ein Lob aussprechen. Peter Jackson
hat offensichtlich erkannt dass „3D“ kein Selbstzweck sein muss.
Tatsächlich bringt die Gaukelei den Film – besonders in
Establishern und Schärfe-Unschärfe-Spielereien – nach vorne. Hier
möchte man den Effekt nicht missen. Von eben genannten Bildgrößen
gibt es übrigens reichlich. Reichlich episch. Episch, selbst wenn
ein CGI-Igel – süß wie Toblerone – gerade seinen letzten
fiepsigen Atemzug hüstelt, dürfen das Orchester, die choralen
Gesänge und drei Kamerafahrten um das kleine Ding nicht fehlen.
„Herr der Ringe“ hat es erfolgreich vorgemacht. Warum also mit
alten Gewohnheiten brechen? Anders wäre es ja auch gar nicht möglich
das Schweizer Käse-löchrige Skript zu füllen. Im selben Maße wie
„Der Hobbit“ seine technischen Möglichkeiten ausschöpft, hat
Peter Jackson an Gespür für Timing eingebüßt. Ernste Ansprachen
wechseln sich gerne mit Slapstickeinlagen und peinlichen Onelinern
ab. Passt meistens ungefähr so gut wie eine Clownsnase auf einer
Beerdigung und verführt hier und da zum Fremdschämen. Angenehm
hingegen ist das Spiel von Martin Freeman (junger Bilbo) der schon
bei „Per Anhalter durch die Galaxis“ durch seinen natürlichen
Charme punktete und den ich hier einfach mal als britisches Pendant
zu Steve Carell (Jungfrau, 40, männlich sucht...) benennen darf.
Hugo Weaving, Cate Blanchet, Ian Holm und Ian McKellen spielen ihre
Rollen gewohnt gut und überzeugen. Richard Armitage (zuletzt bei
„Captain America“) spielt Zwergenanführer Thorin
Eichenschild (!) motiviert, wenn
auch manchmal pathetischer als ein Mel Gibson – Film je sein
könnte. „Der Hobbit“ als Ableger des „Herr der Ringe“ -
Franchises wird die Gemüter spalten. Wer mit der Materie vertraut
ist wird keine Probleme mit Gnomen, Elben, Halblingen, Steinriesen,
Zwergen, Trollen, Orks und dem Rest des mittelerdischen Getiers
haben. Neulinge hingegen fühlen sich hier und da eventuell außen
vor. Vergleichbar mit der Situation wenn man in einen neuen
Freundeskreis stößt und nur verhalten mitlächeln kann, wenn DER
eine Insiderjoke hervorgekramt wird. Einige Sinnlosigkeiten werden
vermutlich vom Buch diktiert, fallen aber im Endeffekt nur dem
genauen Betrachter auf. Mittelerde ist eine Fantasywelt und muss eben
auch als solche betrachtet werden. Niemand würde sich anmaßen zu
fragen weshalb TV-Koch Jamie Oliver wie angehackt, sinnlos mehrmals
zum Kühlschrank läuft, anstatt alle Zutaten mit einem Mal
hervorzuholen – es ist eben seine Küche, auch eine Fantasywelt
voller unverständlicher Eigenheiten und fremd klingenden Eigennamen.
Niemand stellt deshalb in Frage das Gandalf der Coole jedes Mal mit
dem Schwert kämpft, wenn er offensichtlich nur kurz mit seinem
Pürierstab wedeln muss um unsere Helden vor dem sicheren Tod zu
bewahren. Stichwort „Tod“. Ob CGI oder Animatronic. Hier wird
ordentlich geschnetzelt, zwangsamputiert, gefressen und gestorben.
Ein Wunder dass unsere FSK diesmal so locker war.
Fazit
Der
Hobbit ist
wie ein Erstbesuch im Fitnessstudio. Während der ersten
Viertelstunde quält man sich und überwindet den inneren
Schweinehund, der einem ins Ohr grunzbellt zu fliehen. Danach folgen
knapp drei Stunden mit Höhen und Tiefen, Punkten an denen das Ende
so nah und doch so fern erscheint. Wenn die Zeit herum ist, freut man
sich durchgehalten zu haben, aber auch darauf endlich entlassen zu
sein. Man geht gerne zur nächsten Session, solange Sie nicht nächste
Woche stattfindet.
Inhaltsarmes
Spektakel mit berauschend guter Optik, soliden Darstellern und
epischem Soundtrack. Fans der Reihe werden sich nicht satt sehen
können – bei Neulingen stellt sich schnell ein Völlegefühl ein.
In
diesem Sinne,
ringklauendes
Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten Film
Euer
Robert
Trailer
Der
Hobbit – Eine unerwartete Reise
169
Minuten
FSK
12
Neuseeland,
USA, GB, 2012
Es freut mich, dass hier jemand die Optik lobt. Viele haben sie kritisiert, ich fand sie gut, wenn auch an der Grenze zu "überzeichnet". Ich fand es allerdings doch eine Bereicherung, nur die schnellen Szenen konnte man nicht so gut adaptieren, ich zumindest nicht.
AntwortenLöschenThorin Eichenschild stimmt so, was bedeutet das Ausrufezeichen in Klammern dahinter?
Dass Bilbo die Geschichte erzählt, ist nur folgerichtig, das kommt sogar im Herrn der Ringe vor. Das ist tatsächlich die Anlage des Buches von Tolkien, also kann man das nicht dem Franchise anlasten - auch wenn man zugestehen muss, dass Jackson (und andere) das gut ausnutzen können.
Filmisch halte ich es auch für ein gut funktionierendes Format. Es ist ja nicht selten so, dass Filme als eingebettete Erzählungen angelegt werden.
Schließlich noch eine Bitte: Wenn du Skriptlöcher und Unsinnigkeiten ansprichst, dann solltest du sie benennen. Ja, gut, die Gandalf-Geschichte: Ist ein "Fehler" aus dem Buch. Könnte man anders lösen, allerdings wäre es dämlich, wenn Gandalf inflationär zaubern würde. Leider sind beide Bücher (HdR und der Hobbit) zu lange her, sodass ich eine mögliche Erklärung dafür nicht im Kopf habe.
Hallo Addliss,
AntwortenLöschenes freut mich - wie immer - von Dir zu lesen.
Die Optik ist natürlich im Endeffekt Geschmacksache, passt aber in diese Welt gut rein, denke ich.
Das Ausrufezeichen in Klammern wird in der Regel genutzt um einen dezenten Hinweis auf das letztgenannten Wort (Wortgruppe, etc.) zu lenken. Das ist also etwas durchaus subjektives und sagt in diesem Fall "Thorin Eichenschild" - 'wat`n Name'.
An der Erzählweise habe ich bisher noch keine Kritik geäußert. Ich habe es lediglich augenzwinkernd erwähnt.
Es ist als Kritiker nicht meine Aufgabe den Film komplett kaputtzureden. Viele Fehler und Löcher fallen Betrachtern natürlich erst auf wenn man Sie mit der Nase drauf stößt - deswegen verzichte ich darauf einem Besucher ein möglicherweise schönes Kinoerlebnis zu versauen.
War mir wie immer ein inneres Kirschenpflücken!^^
Herzlichst,
Der Autor