Freitag, 4. Januar 2013

Der Hobbit - Eine unerwartete Reise

(The Hobbit - An Unexpected Journey)

oder:
Der laufende Meter – Ein unerwartet lange Reise, um den heißen Brei


Ein Ring Sie zu knechten...“ , Merchandising abzusetzen und Umsatz zu machen. So unendlich viel, dass es eine gute Idee zu seien schien, das literarische Quasi-Prequel „Der kleine Hobbit“ auch auf die Leinwand zu bringen. Leider ist eben dieses nur ein dünnes Kinderbuch – kein Problem für das Autorenteam rund um Peter Jackson, welches es schaffte das Kleinod auf eine Trilogie auszuweiten. Glückwunsch dazu. Die Geldmaschine läuft wieder. Im Dezember lief der erste Teil „Eine unerwartete Reise“ in den deutschen Kinos an und lockte bereits am Startwochenende 1,08 Millionen Besucher ins Auenland. Während einer düsteren Wetterphase und nach Abhandenkommen aller sonstigen Zeitvertreibmöglichkeiten, verirrte auch ich mich nach Prequelhausen und weiß nun von gar wunderlich Dingen zu berichten.


Story

Bilbo Beutlin, Onkel von Elijah – äh Frodo Beutlin offtextet sich durch seine Wohnung und macht dem Zuschauer klar, dass ja noch längst nicht alle Geschichten erzählt wurden. Hobbitseidank schreibt er Sie gerade nieder und lässt alles sehr bildlich vor seinem geistigen Auge Revue passieren.
Der junge Bilbo Beutlin – ruhig und tomatenzüchtend – bekommt unverhofft Besuch von Gandalf dem Grauen, der unseren Protagonisten zu einem Abenteuer überreden will. Nachdem dieser jedoch ablehnt rennen ihm am selben Abend eine Horde Zwerge die Bude ein, fressen die Speisekammer leer und benehmen sich wie drei Tage Rütlischule. Zauberhut Gandalf erklärt unterdessen dass Bilbo die Expedition zum verlassenen Reich der Zwerge begleiten wird, um eben dieses zurückzuerobern.


Review

Nein, ich bin kein Hardcorefan vom „Herr der Ringe“-Franchise. Ich schaue die Filme gerne - aber nicht gern genug um mir alle Eigennamen, Beweggründe, Ahnenreihen, etc. zu erarbeiten. Aber ich mag durchaus gutes Kino und diesbezüglich konnte man an der Trilogie kaum rütteln. Peter Jackson weiß wie man das Publikum fängt. Diesmal auch? Ich habe das Büchlein nicht gelesen und bin der Meinung dass die Bilder auf der Leinwand selten mit den Bildern in den Köpfen der Leser übereinstimmen werden. Vorliegender Film soll deswegen nicht an der Vorlage gemessen werden. Meine ersten Zeilen, in diesem Abschnitt, widme ich zumeist der Technik. Regelmäßige Leser wissen dass ich den diesen Part gerne etwas stiefmütterlich behandele – vielleicht auch weil ein verkappter Filmnostalgiker in mir schlummert. Diesmal allerdings darf ich hier einmal ein Lob aussprechen. Peter Jackson hat offensichtlich erkannt dass „3D“ kein Selbstzweck sein muss. Tatsächlich bringt die Gaukelei den Film – besonders in Establishern und Schärfe-Unschärfe-Spielereien – nach vorne. Hier möchte man den Effekt nicht missen. Von eben genannten Bildgrößen gibt es übrigens reichlich. Reichlich episch. Episch, selbst wenn ein CGI-Igel – süß wie Toblerone – gerade seinen letzten fiepsigen Atemzug hüstelt, dürfen das Orchester, die choralen Gesänge und drei Kamerafahrten um das kleine Ding nicht fehlen. „Herr der Ringe“ hat es erfolgreich vorgemacht. Warum also mit alten Gewohnheiten brechen? Anders wäre es ja auch gar nicht möglich das Schweizer Käse-löchrige Skript zu füllen. Im selben Maße wie „Der Hobbit“ seine technischen Möglichkeiten ausschöpft, hat Peter Jackson an Gespür für Timing eingebüßt. Ernste Ansprachen wechseln sich gerne mit Slapstickeinlagen und peinlichen Onelinern ab. Passt meistens ungefähr so gut wie eine Clownsnase auf einer Beerdigung und verführt hier und da zum Fremdschämen. Angenehm hingegen ist das Spiel von Martin Freeman (junger Bilbo) der schon bei „Per Anhalter durch die Galaxis“ durch seinen natürlichen Charme punktete und den ich hier einfach mal als britisches Pendant zu Steve Carell (Jungfrau, 40, männlich sucht...) benennen darf. Hugo Weaving, Cate Blanchet, Ian Holm und Ian McKellen spielen ihre Rollen gewohnt gut und überzeugen. Richard Armitage (zuletzt bei „Captain America“) spielt Zwergenanführer Thorin Eichenschild (!) motiviert, wenn auch manchmal pathetischer als ein Mel Gibson – Film je sein könnte. „Der Hobbit“ als Ableger des „Herr der Ringe“ - Franchises wird die Gemüter spalten. Wer mit der Materie vertraut ist wird keine Probleme mit Gnomen, Elben, Halblingen, Steinriesen, Zwergen, Trollen, Orks und dem Rest des mittelerdischen Getiers haben. Neulinge hingegen fühlen sich hier und da eventuell außen vor. Vergleichbar mit der Situation wenn man in einen neuen Freundeskreis stößt und nur verhalten mitlächeln kann, wenn DER eine Insiderjoke hervorgekramt wird. Einige Sinnlosigkeiten werden vermutlich vom Buch diktiert, fallen aber im Endeffekt nur dem genauen Betrachter auf. Mittelerde ist eine Fantasywelt und muss eben auch als solche betrachtet werden. Niemand würde sich anmaßen zu fragen weshalb TV-Koch Jamie Oliver wie angehackt, sinnlos mehrmals zum Kühlschrank läuft, anstatt alle Zutaten mit einem Mal hervorzuholen – es ist eben seine Küche, auch eine Fantasywelt voller unverständlicher Eigenheiten und fremd klingenden Eigennamen. Niemand stellt deshalb in Frage das Gandalf der Coole jedes Mal mit dem Schwert kämpft, wenn er offensichtlich nur kurz mit seinem Pürierstab wedeln muss um unsere Helden vor dem sicheren Tod zu bewahren. Stichwort „Tod“. Ob CGI oder Animatronic. Hier wird ordentlich geschnetzelt, zwangsamputiert, gefressen und gestorben. Ein Wunder dass unsere FSK diesmal so locker war.


Fazit

Der Hobbit ist wie ein Erstbesuch im Fitnessstudio. Während der ersten Viertelstunde quält man sich und überwindet den inneren Schweinehund, der einem ins Ohr grunzbellt zu fliehen. Danach folgen knapp drei Stunden mit Höhen und Tiefen, Punkten an denen das Ende so nah und doch so fern erscheint. Wenn die Zeit herum ist, freut man sich durchgehalten zu haben, aber auch darauf endlich entlassen zu sein. Man geht gerne zur nächsten Session, solange Sie nicht nächste Woche stattfindet.

Inhaltsarmes Spektakel mit berauschend guter Optik, soliden Darstellern und epischem Soundtrack. Fans der Reihe werden sich nicht satt sehen können – bei Neulingen stellt sich schnell ein Völlegefühl ein.


In diesem Sinne,
ringklauendes Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten Film

Euer Robert


Trailer
 
Der Hobbit – Eine unerwartete Reise
169 Minuten
FSK 12
Neuseeland, USA, GB, 2012

2 Kommentare:

  1. Es freut mich, dass hier jemand die Optik lobt. Viele haben sie kritisiert, ich fand sie gut, wenn auch an der Grenze zu "überzeichnet". Ich fand es allerdings doch eine Bereicherung, nur die schnellen Szenen konnte man nicht so gut adaptieren, ich zumindest nicht.
    Thorin Eichenschild stimmt so, was bedeutet das Ausrufezeichen in Klammern dahinter?

    Dass Bilbo die Geschichte erzählt, ist nur folgerichtig, das kommt sogar im Herrn der Ringe vor. Das ist tatsächlich die Anlage des Buches von Tolkien, also kann man das nicht dem Franchise anlasten - auch wenn man zugestehen muss, dass Jackson (und andere) das gut ausnutzen können.
    Filmisch halte ich es auch für ein gut funktionierendes Format. Es ist ja nicht selten so, dass Filme als eingebettete Erzählungen angelegt werden.

    Schließlich noch eine Bitte: Wenn du Skriptlöcher und Unsinnigkeiten ansprichst, dann solltest du sie benennen. Ja, gut, die Gandalf-Geschichte: Ist ein "Fehler" aus dem Buch. Könnte man anders lösen, allerdings wäre es dämlich, wenn Gandalf inflationär zaubern würde. Leider sind beide Bücher (HdR und der Hobbit) zu lange her, sodass ich eine mögliche Erklärung dafür nicht im Kopf habe.

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  2. Hallo Addliss,
    es freut mich - wie immer - von Dir zu lesen.
    Die Optik ist natürlich im Endeffekt Geschmacksache, passt aber in diese Welt gut rein, denke ich.
    Das Ausrufezeichen in Klammern wird in der Regel genutzt um einen dezenten Hinweis auf das letztgenannten Wort (Wortgruppe, etc.) zu lenken. Das ist also etwas durchaus subjektives und sagt in diesem Fall "Thorin Eichenschild" - 'wat`n Name'.
    An der Erzählweise habe ich bisher noch keine Kritik geäußert. Ich habe es lediglich augenzwinkernd erwähnt.
    Es ist als Kritiker nicht meine Aufgabe den Film komplett kaputtzureden. Viele Fehler und Löcher fallen Betrachtern natürlich erst auf wenn man Sie mit der Nase drauf stößt - deswegen verzichte ich darauf einem Besucher ein möglicherweise schönes Kinoerlebnis zu versauen.

    War mir wie immer ein inneres Kirschenpflücken!^^
    Herzlichst,
    Der Autor

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