„The New Film By
Quentin Tarantino“ ist für einen Rezensenten Fluch und Segen zu gleich. Tarantino ist Kult, zweifelsohne. Er ist ein eigenes
Genre, ein Terminus welcher nahezu exakt definiert ist. Das macht es
schwer objektiv zu bleiben. Der Regisseur/Autor/Fan ist eine
fleischgewordene Hommage an die Zelluloid-Dinosaurier der
Filmgeschichte. Heist-Movie, Gangsterfilm, Martial Arts,
Exploitation, Nazisploitation und in fast jedem seiner Filme immer
ein Hauch Western. Diesmal wurde aus dem Hauch ein wahrer Sturm. Das
CinemaxX Magdeburg lud am 17. Januar zur Vorpremiere von "Django Unchained".
Ich war für Euch da.
Ich war für Euch da.
Ein Italowestern im
Südamerika des Jahres 1858 – ein Southern!
Ein
Filmreview im Magdeburg des Jahres 2013 – ein Eastern?
Story
Der
Sklave Django (Jamie
Foxx) wird von Dr. King Schultz (Christoph Waltz)
befreit, um dem Kopfgeldjäger zu zeigen wo sich Schultz` nächsten
Ziele, die Brittle Brüder, befinden.
Django hilft ihm, hat ungeachtet dessen aber ein weiteres Ziel. Er
will seine Frau Broomhilda (Kerry
Washington) aufspüren und ebenfalls aus der Sklaverei befreien. Mit
schnellem Colt, viel Kunstblut und dem Support durch King
Waltz...ähm...Schultz bahnt er sich einen blutigen Weg zu
Broomhildas Besitzer Calvin Candie
(Leonardo DiCaprio) und dessen Plantage Candieland.
Review
Christoph
Waltz IST der Film. Ohne falsche Lobhuddelei.
Tarantino ist so vernarrt in den Deutsch-Österreicher, dass er Ihn in
jeder Minute Screentime feiert. Er schießt
schneller, ist kultivierter, witziger, smarter, hat coolere Sprüche und schickere Unterhosen als ALLE anderen in diesem
Streifen. Wurde Quentin Tarantino bisher ein Fußfetisch nachgesagt,
zeigt er sich spätestens seit Inglorious
Basterds
eher germanophil. Wie viele Neugeborene in den kommenden Jahren wohl King
Schultz getauft
werden? We´ll see! Und Hauptdarsteller Jamie Foxx? Der DARF auch
dabei sein. Sein Django
teilt sich außer dem Namen nur noch die Coolness mit Franco Neros
Charakter des selben Namens (Django,
1966) – am besten zu sehen während eines Cameoauftrittes des
Italieners. An den schauspielerischen Leistungen ist aber auch
bei dem kritischsten Blick einfach nicht zu rütteln - selbst wenn
man es wollte. Tarantino inszenierte einen Comic in Fleisch und Blut.
Da kann man den Darstellern kein Overacting ankreiden. Und generell –
das gebe ich ungern zu – gibt es recht wenig zu bemeckern. Der Film
dürfte dem Mainstreampublikum etwas zugänglicher sein als
beispielsweise Death
Proof – Todsicher –
ein Film, der ungekürzt ähnlich leicht zu ertragen war, wie eine
Darmspülung mit kochendem Wasser. Bei „Django Unchained“ wurde
das Maß der, teilweise unerträglich langen, belanglosen, künstlich
aufgeblähten, nervenzerreißenden, banalen, nichtssagenden – aber
doch so tarantinotypischen - Dialoge merklich herabgesetzt. Der
zweite Grund ist der bitterböse Humor, der bisweilen etwas an die
deutsche Bullyparade
erinnert
und den Rahmen von „Django Unchained“ als flappsiger definiert
als es das Thema vielleicht verdient hätte. Beispielsweise wenn ein
Rotte von Rassisten, angeführt von Big
Daddy (Don
Jonson) feststellt dass „die Idee mit den Säcken über dem Kopf
ganz nett war“, das nächste Mal aber eine richtige Verkleidung
genommen würde. Folgerichtig handelt es sich dabei um die fiktive
Entstehungsgeschichte des rassistischen Geheimbunds Ku-Klux-Klan.
Zumindest lachte das Publikum an den dafür vorgesehenen Stellen und
das ist ja erstmal schön. Political Correctness wird sowieso
überbewertet – nur eben nicht hier. Dafür durfte sich Tarantino
bereits die eine oder andere Standpauke abholen. Regisseur Spike Lee
(u.A. Malcom X)
gab zu Protokoll: „American Slavery was not a Sergio Leone
Spaghetti Western […].“ Glück gehabt dass „Django Unchained“
ein SPIEL- und kein Dokumentarfilm ist. Der gleichen Meinung war
offensichtlich auch die FSK und verpasste dem Streifen ein mildes
16er Rating. Glückwunsch. Man traut jetzt den ganzen
Hauptschul-Kevins und -Chantals zu, selbst zu erkennen dass Mord
nicht cool und Rassismus kein Spaß ist. MUTIG! Appropos mutig.
Tarantino war auch mutig und entschied diesmal, sich ohne Kapitel,
dafür in einer linearen Erzählstruktur (sogar nach klassischem
Drei-Akt-Schema!) zu bewegen. Good choice. Die Ästhetik bleibt aber
gewohnt retro. Flashbacks mit blaustichigem Farbfilter, unruhige
Zooms und Schwenks bei denen dem Zuschauer die Feder aus der Mütze
springt. Alles schreit nach den Sixties. Der Soundtrack, mit Tracks
von Altmeister Enio Morricone bis Hip Hop von Jamie Foxx selbst, ist
wie immer ungewöhnlich aber genauso Stilmittel wie der zehn Liter
Blutverlust nach einem Schusswechsel. Die Laufzeit ist mit 165min
hart am Limit. 20 Minuten weniger hätten es auch getan. Mit dem
Auftauchen von DiCaprio und Jackson verliert die Inszenierung im
letzten Drittel etwas an Fahrt macht aber immer noch zu viel Spaß um
sich jetzt drüber auszukotzen. Das Finale ist fulminant und entlässt
den Zuschauer mit einem befriedigenden Gefühl – nämlich dem dass
Cowboys jetzt wieder cool sind.
P.s.:
Wer sich für Trinkspiele interessiert, hier ein Vorschlag: Immer
wenn im Film das Wort „Nigger“ fällt wird ein Tequila getrunken.
Nach 30min seid ihr straff wie die Seemänner.
Fazit
„Django
Unchained“ ist ein filmisches 7-Gänge-Menü, welches sein einziges
Manko in der trüben Suppe zwischen Hauptgang und Dessert hat. Der
Leinwand-Gourmet wird dafür mit einer schwarzhumorig-überdrehten
Hommage an frühe Italowestern, einem grandiosen Cast und soviel
Kunstblut belohnt dass man hinterher in eine Zelluloid-Fressnarkose
fallen wird.
Tarantinofans
werden begeistert sein. Neulinge laufen Gefahr angefixt zu werden.
Anschauen!
In
diesem Sinne,
südstaatenbeschämendes
Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten Film
Euer
Robert
Trailer
zum Film
Django Unchained
165 Minuten
FSK 16
USA, 2012
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