Dienstag, 23. Juli 2013

Only God Forgives


oder:
Mob Mum: A Story of Penises

Nicolas Winding Refn. Ein Name der, Freunden von starken Plots und einprägsamen Figuren, sicherlich im Gedächtnis haften bleibt. Sei es die Pusher-Trilogie, das Wannebe-Biopic Bronson (schon in diesem Film legte Tom Hardy den körperlichen Grundstein für seinen späteren Auftritt in The Dark Knight Rises) oder auch der Neo-Noir-Thriller Drive – im Crime-Genre fühlt sich der Däne wohl.

In letzterem hat dem Regisseur die Perfomance von Multifunktionsdosenöffner Ryan Gosling offenscheinlich so gut gefallen, dass er beschloss Ihn für seinen aktuellen Film Only God Forgives direkt wieder mit einer Hauptrolle zu besetzen – zumindest augenscheinlich, aber dazu später mehr.

Für Euch habe ich mich in die Muay-Thai-Pornopuff-Drogenhölle meines Vertrauens geschleppt und...war anschließend im Kino. Scherz! Da gab es gar kein Muay-Thai...


Story

Drogen. Minderjährige Prostituierte und Mord. Der "Arschloch des Jahres"-Anwärter Billy Thompson weiß wie man Party in Bangkok macht. Unglücklicherweise trifft er im Zuge dessen, eines Nachts auf den personifizierten Racheengel Chang, welchem alle Methoden recht sind um die organisierte Kriminalität im Zaum zu halten. Seine Weltanschauung rangiert dabei zwischen "guter Mensch" und "ich hack Dir irgendwas ab; steck Dir gewaltsam irgendwo irgendwas rein".

Crystal Thompson (Kristin Scott Thomas), Mutter des verstorbenen Ekelpakets, Mafiosimutter und gestörte Schlampe vor dem Herrn, kommt wenig später in der Metropole an, um ihrem verbliebenen Sohn Julian (Ryan Gosling) diverse Vorwürfe zu machen und nebenher den Mörder ihres Sohnes um die Ecke zu bringen. Es entbrennt ein Krieg der Polizei gegen das Syndikat der Familie Thompson.


Review

Mein lieber Schwan. Ich dachte nach den letzten Kopf & Kino – Reviews schon kaum noch, dass es einen Film gibt, welcher mich, in diesem Jahr, noch so richtig umpusten könnte. Zu stark zeichnet sich ein Trend ab, welcher teure Materialschlachten und Special Effects zelebriert – aber dafür oft eine Story bietet, welche im Schreibgulak der RTL2-Redaktion hätte entstanden sein können.

Rot und Grün sind auffällig dominante Farben im Streifen und verleihen den meisten, überwiegend ruhig fotografierten, Bildern, eine gespenstische Surrealität. Die Kamera verzichtet weitestgehend auf Establisher und sonstige Totalen, ebenso wie auf Close-Ups. Stattdessen hält uns Refn mit Halbnahen und Halbtotalen auf Abstand.

Auf Abstand halten uns auch die Figuren. Immerwieder lassen uns Gosling, Thomas und Pansringarm einen Blick auf das Seelenleben eines innerlich zerrissenen Verbrechers, einer pervers-perfiden Mutter und eines melancholisch-mordlustigen Polizeichefs erhaschen, verhindern aber – ich unterstelle mal Absicht – eine tiefere Charakteranalyse. Auch wenn uns Ryan Gosling hier als Hauptfigur verkauft werden soll, dominieren doch eigentlich der weiße Hai in Menschengestalt Chan und dessen durchtriebene Gegenspielerin Crystal die Story.

Rachegeschichten wurden schon oft erzählt und Schwerter sind mittlerweile Gang und Gebe. Worin also unterscheidet sich Only God Forgives von anderen modernen Thrillern? Es ist seine unglaubliche Verliebheit zum ästhetischen Bild als solches. Ruhige Einstellungen, in welchen Musik einen großen Raum einnimmt. Gewaltorgien transformieren sich unter Refns Anweisungen zu durchkomponierten Gesamtkunstwerken, welche den geneigten Zuschauer, der noch nicht durch tägliches Privatfernsehen völlig abgestumpft ist, zwischen Begeisterung, Ekel und "WTF"Momenten hin- und herschleudert. Stricknadeln im Oberschenkel sind ja bekanntermaßen seit 96 Hours ein Spaß für die ganze Familie, aber Only God Forgives treibt es auf die Spitze – in jeder Hinsicht.


Fazit

Only God Forgives ist nüchtern betrachtet ein Drive-Klon in exotischem Gewand. Keine Szene erscheint hier zu lang und nach 89 Minuten lechzt man nach mehr. Eine fesselnde Rachegeschichte mit zermürbenden Gewaltspitzen und einer der ersten Filme überhaupt bei denen ich nicht verstehe weshalb die FSK nicht das rote 18er Siegel verliehen hat. Hier ist Gewalt wunderschön anzusehen - und es macht Spaß Sie anzusehen. Ich hoffe nur, dass jetzt nicht irgendwelche Halbstarken, lokale Kampfsportclubs aufsuchen um ihre eigenen Drogenkartelle zu errichten - Only God Forgives: Wanne-Eickel.

Wer auf Drive stand wird auch diesen Film zwangsläufig mögen und wer sich etwas ab vom Mainstream mal wieder einen Film anschauen möchte in dem Prostituierte geschlagen und Hände wie Äpfel geernetet werden und der trotzdem nett anzuschauen ist, dem sei Only God Forgives ans Herz gelegt. Ansonsten können genervte Söhne endlich wieder mit ihrer Mutter streiten und sagen "Du bist schlimmer als DIESE Mutter!".

In diesem Sinne,
arthousefilmedrehendes Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten Rachefel... ähm Film.

Euer Robert


Trailer

Only God Forgives
90 Minuten
FSK 16
Dänemark, Frankreich, Thailand, USA, Schweden, 2013

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