Dienstag, 9. Juni 2015

Deleted Scenes #1

A Most Violent Boogaloo Blinders
(oder: Die eisige Spur des Vogelmannes)

[ Prolog | Es gibt sie: Review-Texte, die angefangen irgendwo in der digitalen Ecke stehen und stiefmütterlich behandelt werden. Mit großen Manga-Kulleraugen schauen sie mich an. "Ich war bei den Oscars" bettelt es mich an und hat noch nicht kapiert, dass dies für mich nicht relevant ist. "Aber ich bin ein deutscher Kinderfilm. Namhaft besetzt" drängelt sich ein anderer abgebrochener Text dazwischen. Niedlich, wie die kleinen Buchstabengebilde passiv aggressiv um meine Aufmerksamkeit rangeln. Gemein, wie ich ihnen nur den Header tätschele und sie dann seufzend beiseite schiebe. Es liegt nicht an den Filmen, denen sie zu Grunde liegen. Ich schöpfe Texte zu schlechten Filmen genauso gern wie zu guten. Es liegt an mir. Es liegt an meiner Zeit. Manche Texte - außerhalb des Blogs - werden bevorzugt, weil ich dafür Geld bekomme. Ich bin ein Tastengigolo. Das ist notwendig, aber nicht wirklich ein Übel.

Ein Serienreview streckt seine kleinen Ärmchen nach mir aus. Er liegt schon etwas länger in der Ecke und als ich ihn in König-der-Löwen-Manier hoch nehme, wirbelt etwas Staub nach oben in das Sonnenlicht. Ich kann sie doch nicht ewig unter dem Schreibtisch hin- und herschieben. So klein wie sie noch sind, so sehr haben sie aber doch das Recht darauf, die Luft des World Wide Webs zu riechen und frei zu sein. ]

Die Kopf & Kino Deleted Scenes erscheinen unregelmäßig. Sie liefern Euch das Destillat liegengebliebener Texte, die vielleicht nicht mehr relevant sind oder mit der gleichen Wahrscheinlichkeit fertig werden, wie der Flughafen Berlin. Serien, Oscaranwärter, Docs, Heimkino: Die Deleted Scenes sind Euer gemischter Bewegtbild-Salat mit Zufallsdressing. Guten Appetit.


Electric Boogaloo: The Wild, Untold Story of Cannon Films
oder: Haters Gonna Hate - The Official Shittalk Movie

Dass die B-Movie-Schmiede Cannon Films ein Hort der Seltsamkeiten war, wissen Filmnerds längst. Dank Electric Boogaloo * wissen wir nun aber auch, dass der Chef-Produzent Menahem Golan während diverser Meetings saure Gürkchen (fr)aß, zu enge Hemden trug und der Sex-Ikone Bo Derek (die Frau, nicht der Kommissar) vielleicht ein paar geile Bildchen aus dem Koffer gemopst hat, um einen Spielfilm zu promoten. Regisseur Mark Hartley schafft es, sein Material so anzuordnen, dass es unterhaltsam ist, dabei zuzuschauen, wie ehemalige Leinwand- und Heimkino-Prominenz über die Besitzer der Filmschmiede abkotzen. Cannon Films produzierte neben vielen unvergessenen Trashgranaten auch echte Popculture-Impacts wie Highlander* oder eben DEN Catchphraser, Murphys Gesetz*. Cannon Films war buchstäblich das Genrekino der 80er-Jahre und wird hier leider als teilweise recht flacher Witz verkauft. Ein Blick lohnt sich trotzdem und macht Lust auf zu enge Hemden, saure Gürkchen und 80er-Jahre-Kino (dessen Quintessenz sicherlich der Kurzfilm Kung Fury ist).

OT: Electric Boogaloo: The Wild, Untold Story of Cannon Films | 106 Min | FSK 16 | R: Mark Hartley | VÖ: Bereits erhältlich (DVD/BD) | Ascot Elite

Peaky Blinders (Staffel 1)
oder: Birminghamswalk Empire

1920 ist die Welt noch in Ordnung in Birmingham. Zeitlupe gibt es nur bedingt, die Mützen mafiöser Straßengangs haben Rasierklingen als Extras und Serienstaffeln sind mit sechs Episoden bequem zu schauen. Das einzige was die Ruhe stört, ist eine gigantische Waffenlieferung, welche dem Militär abhanden bekommen ist. Denn mit den damit verbundenen polizeilichen Untersuchungen beginnt Kommissar Campbell (Sam Neill) der titelstiftenden Bande unter Führung von Thomas Shelby (Cilian Murphy), gehörig auf den Sack zu gehen. Spannend inszeniert, musikalisch mit den White Stripes und Tom Waits untermalt und hochklassig besetzt ist Peaky Blinders - Staffel 1* definitiv einen Blick wert.

OT: Ghost Hunters | 99 Min | FSK 6 | R: Tobi Baumann | VÖ: Bereits erhältlich (DVD/BD/VOD) | Koch Media

Gespensterjäger - Auf eisiger Spur
oder: Ghostbusters Zero with Ghosts and Busters

Buchverfilmungen von Cornelia Funke gehen irgendwie immer. Mich persönlich hauen sie nie vom Hocker, aber eingeschlafen bin ich auch noch bei keinem. Zudem bin ich höchstwahrscheinlich nicht die Zielgruppe, da ich die Pubertät bereits überwunden habe - denke ich. Was Gespensterjäger - Auf eisiger Spur auszeichnet, ist vor allem der internationale Produktionsstandard. Gedreht wurde auf Englisch; die Effekte - inklusive CGI - sind absolut tauglich. ProSiebenSat1-Hofregisseur Tobi Baumann hatte die gnädige Aufgabe, alte Freunde zu dirigieren. Anke Engelke hat als Geisterjäger-Profi Frau Kümmelsaft eine Altmänner-Attitüde, Bastian Pastewka spricht das Slimer-Rip-off Hugo sehr engagiert und Karoline Herfurt knalltütet sich als sympathisch-verklemmte Leiterin der Gespensterjäger-Zentrale Frau Hoffmann in die Herzen der Zuschauer. Zentraler Gegner ist ein eiskaltes Schreckgespenst, welches es zu besiegen gilt. Kinder werden ihre helle Freude an der leichten Gruselei haben. Anfangs recht zügig inszeniert, verliert Gespensterjäger - Auf eisiger Spur* im dritten Akt etwas an Fahrt und drückt einmal zu häufig auf die Tränendrüse. Völlig unnötig, weil die Happy-End-Garantie einem förmlich ins Gesicht springt.

OT: Ghost Hunters | 99 Min | FSK 6 | R: Tobi Baumann | VÖ: 15.10.15 (DVD/BD/VOD) | Warner

A Most Violent Year
oder: A Less Violent Heizöl Crime

Wenn Du tanken fährst, hast Du ein schlechtes Gefühl? Fuck, das ist nichts gegen das miese Gefühl, dass Du hast, wenn Du im New York des Jahres 1981 ein Öl-Imperium aufbauen willst. Der Einwanderer Abel Morales (Oscar Isaac) hat genau das vor, will dabei aber möglichst clean bleiben. Das Flintenweib an seiner Seite, Anna (*lobendes Adjektiv* Jessica Chastain), legt das Wort 'legal' etwas lockerer aus. Der Film ist lupenreines Schauspielerkino. Thriller wird mit Drama verwoben und macht uns ein noch schlechteres Gefühl, wenn wir das nächste Mal das Heizöl verfackeln. Irgendwo musste dafür sicherlich ein Mensch sterben... oder gestorben werden. A Most Violent Year* bietet nette, ruhige Kameraarbeit, tolle Schauspieler und verschmerzt die zwei Längen am Anfang und Ende des dritten Aktes.

OT: A Most Violent Year | 125 Min | FSK 12 | R: Jeffrey C. Chandor | VÖ: 07.08.15 (DVD/BD/VOD) | SquareOne/Universum

Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)
[...fuck, die haben mir mein Titelkonzept geklaut...]

Ouh yeah, Du möchtest diesen Film zukacken mit Komplimenten. Nein, warte. ICH möchte diesen Film zukacken mit Komplimenten. Ganz subjektiv war für mich Birdman* eines der Highlights des Jahres 2015 und zurecht mit dem Oscar ausgezeichnet - wobei sich über die Aussagekraft dieser Institution natürlich immer mehr streiten lässt. In einem einzigen MetaMindFuck mit selbstreferenziellen Dialogen, gefakter Plansequenz und einem Stakkato nervenzerreißender Trommelkloppereien inszeniert Regisseur Alejandro González Iñárritu ein motivertes Schauspieler-Ensamble um Ex-BirdBatman Michael Keaton, Emma Stone, Edward Norton und anderen. Ob es jetzt nur der Drang ist, mich als selbst als Cineasten zu inszenieren, bleibt Euch überlassen, aber meine Lieblingsszene zeigt Birdman-Keaton in einem kleinen Liquor Store beim Kauf einer Flasche Fusel. Ruhige Szene. Schöne Szene. Achsooo und alle Szenen mit Emma Stone. Damned. Wer will für das Girl nicht von einer Mauer hüpfen? Scheiße, wenn ich Flügel hätte, würde ich sie direkt aus Hollywood entführen! Mein Tipp fürs Heimkino also: Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)*

OT: Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance) | 120 Min | FSK 12 | R: Alejandro González Iñárritu | VÖ: Bereits erhältlich (DVD/BD/VOD) | Fox

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Komplimente, eine Vollmeise oder Arbeitsangebote als Pornosynchronsprecher? Ab damit in die Kommentare.

In diesem Sinne,
BirdIsTheWordSingendes Cheerio und viel Spaß bei... beim nächsten Mal

Euer Most Violent Rob

2 Kommentare:

  1. ...ohja Birdman - war ein richtig genial geiler Film - die Besetzung der Hamma - das Schlagzeugsolo war zum niederknien und hat einfach reingehauen - wie der ganze Film - welcher leider allerdings in vielen Kinos gar nicht lief - ich hatte Glück und erwischte eine von zwei Sondervorstellungen im meinem Kino - Birdman wurde damit als Film leider vollig unterschätzt... - aber immerhin schreibst du davon - er ist also nicht untergegangen - sondern wurde gesehen und hat von dir ne gute Kritik erhalten - die ich so nur weitergeben kann...
    Tet Suwan
    www.gestaltetleben.blogspot.de

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    1. Hey, das freut mich natürlich, wenn Dein Favorit dabei war. Eigentlich sollte der auch etwas längeres bekommen. Manchmal haut das nicht hin, aber er gehörte eben zu den Filmen, die ich nicht komplett streichen woollte ;)
      Und wenn Du die Kritik genau so weitergeben kannst... dann immer tue dies :D

      LG,
      Rob
      Kopf & Kino

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