Freitag, 19. Juni 2015

Die Lügen der Sieger

OT: Die Lügen der Sieger | 122 Min | FSK 12
R: Christoph Hochhäusler | D/FR 2014
VÖ: 18.06.15 (Kino)
© NFP (Warner)
oder: Tatort XXL - Die Giftmüllmauschelei und der Reporter

Die Presse als vierte Macht im Staate war schon immer ein beliebtes Motiv im Film. Die Lügen der Sieger ist der Versuch, Enthüllungsjournalismus zusammen mit dem Berufsalltag einer Magazin-Redaktion einigermaßen authentisch abzubilden. Gleichzeitig soll es aber auch so spannend sein, dass der Zuschauer nicht gähnend den Saal vorzeitig verlässt. Ein mutiges Vorhaben, welches bereits 2012 mit Die vierte Macht* eher mittelprächtig umgesetzt wurde.

Wir begleiten Reporter Fabian Groys (Florian David Fitz). Dieser sitzt gerade an einer Skandal-Geschichte darüber, wie die Bundeswehr mit ihren Invaliden umgeht. Als seiner Quelle das Wasser ausgeht, nimmt er stattdessen eine Geschichte um einen nicht minder skandalösen Fall von Giftmüllentsorgung ins Visier. Bald entdeckt er Zusammenhänge, die nicht aufgedeckt werden sollen, gerät dadurch unter Beobachtung und wittert die Titelstory. Unterstützung erhält er von der neuen Redaktionpraktikantin Nadja (Lilith Stangenberg).

Regisseur Christoph Hochhäusler inszeniert ambitioniert, scheitert letztendlich jedoch an der häufigen Selbstzweckhaftigkeit seiner Bilder, welche weder die schwammigen Charakterskizzen nachvollziehbar machen, noch das hohe Potential der Story-Prämisse irgendwie herauskitzeln. Um nicht als Bauerntrampel dazustehen, neigen einige Leute dazu, die Langatmigkeit von Filmen mit einer "ruhigen Inszenierung" oder einer "ruhigen Erzählweise" zu umschreiben. Das wäre so, als ob ich in ein verschimmeltes Stück Edamer beißen würde und würgend von seinem "würzigen Aroma" schwärmen. Sicherlich hat sich irgendjemand was dabei gedacht, als es zu der Entscheidung kam, dem Protagonisten Probleme und Schwächen anzudichten, die dermaßen deplatziert anmuten, dass die Wortgruppe "unnötiges Füllmaterial" hart klingen mag, aber gerechtfertigt ist. Spielsucht, chronisch pleite, Diabetiker - ja, sicherlich fühlen sich jetzt viele Berliner angesprochen, aber mehr als von der eigentlichen Story abzulenken, tun all diese Dinge nicht. Unnötige Sideplots, die einer Figur Leben einhauchen sollen, die vom Zuschauer jedoch nach zwei Minuten als Schablone eines abgebrühten Journis mit Arschloch-weil-Traurig-Attitüde erkannt wird. 

Dazu gesellt sich eine künstlich aufgebauschte Affaire zwischen der 'Neuen' und unserem investigativen Dosenöffner Fabian. Dass bei den beiden kopulationswilligen Schreibgehilfen jeder Blick absolute Fickbereitschaft signalisiert, mag die 15-jährige Fans von Doctor's Diary noch in romantische oder gar dramatische Stimmung bringen, jeden anderen Zuschauer jedoch interessiert es nicht die Bohne. Zu berechenbar. Zu egal. Zu unsympathisch auch die Figur der Nadia. Eine Persönlichkeit, irgendwo angelegt zwischen ambitioniertem Frischling mit zu großer Klappe und naiver Hipster-Matratze, bar jeder Sympathie und jedes Fünkchens Charme.

Ohne dieses übergeholfene Sozialdrama hätte Die Lügen der Sieger ein absolut sehenswerter Medien-Thriller werden können. Einige Szenen wirken regelrecht stilbrüchig im Gesamtgefüge, wenn sie spannend und auf den Punkt inszeniert sind. So wirkt es ein wenig wie der verstoßene Cousin vom Tatort, der sich beim gemeinsamen Detektiv-Spielen nur ausheult wie schlecht es ihm doch ging, mit dem Diabetes, seiner Spielsucht und dass Mädchen eh doof sind...

Fazit
Die Lügen der Sieger ist überfrachtet mit Nutzlosigkeiten und halbgarem Figurenprofilen. Wer Ausdauer mitbringt, riskiert der spannenden Grundidee halber einen Blick. Durchaus authentisch dargestellt ist der Redaktionsablauf, aber wenn es mir nur darum ginge, würde ich mir einen Dok.Film über Zeitungsredaktionen anschauen. Dort wo Filme wie Verblendung* Sex als Figurenzeichnung einsetzen, wirkt selbst ein höchst körperlicher Akt plötzlich artifiziell und daily-soap-esk. Tragt die Idee doch mal an Netflix ran. Vielleicht schafft sie es mit neuen Drehbüchern zu einer spannenden 6-teiligen Miniserie. Die würde ich mir anschauen.

In diesem Sinne,
PraktikantinnenDasTelefonbuchAbschreibenLassendes Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten Skandal

Euer Rob

Trailer zu Die Lügen der Sieger


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