Mittwoch, 18. April 2018

TOP 7,5 der besten Lovecraft-Filme (Stand 2020)

© Kopf & Kino // Robert Gryczke
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(Original-Cthulhu-Artwork by Ghostfire)
Zieht euch eure Lovecraft-Fan-Söckchen über die Tentakel und brüllt „R'lyeeaahh“. Die erste Kopf & Kino Top 7½ ist fertig und sie beginnt mit einem Knaller: „Die besten Lovecraft-Adaptionen (im Film)“. Weil das wenig catchy ist, steht auf dem schmucken Titelbild übrigens nur „Lovecraft-Adaptionen“, aber die zwei Stammleser die ich habe, können sich den Rest ja auch selbst zusammenreimen.

Kopf & Kino Top 7½ ist kein Ranking. Die Reihenfolge funktioniert entweder nach dem Alphabet (Filmtitel, Der), oder meinem untrüglichen Bauchgefühl. Und was bedeutet das „½“? Es gibt bei Listen immer wieder Beiträge, die man aufnehmen möchte, die aber nicht alle Kriterien erfüllen und/oder trotzdem ein schöner Insider-Tipp sind. Und dafür ist dieser 'halbe Platz' gedacht.

Der faire Hinweis: Wie schon bei meinen Service-Beiträgen zu der Galerie des Grauens, gibt es zu jedem Film ein paar Metadaten, Inhalt+Kritik und anschließend auch den Link zu dem entsprechenden Film und der Buchvorlag auf Amazon, wenn erhältlich. Kauft ihr über diesen Link etwas, erhalte ich von Amazon jeweils ein paar Cent davon ab. Sobald ich mir meine Cthulhu-Gedenkbüste aus Platin von den Einnahmen kaufe, mache ich ein Selfie und poste es hier – versprochen! Und nach dieser exorbitanten Einleitung gehts endlich los.

Kriterien: Lovecraft oder Lovecraftian?

Ich mache es kurz: Hier gelistet werden Filme, die als direkte Adaptionen einer oder mehrerer Geschichten des Autoren Howard Phillips Lovecraft entstanden sind. Das beliebte Sub-Genre des Lovecraftian Horror, Geschichten, die von den Merkmalen leben, für die Lovecrafts Werke heute so gefeiert werden, verwurste ich gerne in einem anderen Artikel. Filme wie Mächte des Wahnsinns oder Lucio Fulcis Gates of Hell-Trilogie werdet ihr hier nicht finden. Dafür gibt es aber ganz viele... ach bleibt da, oder klickt weg: Azatoth sieht euch!

1. The Call of Cthulhu (2005)
OT: The Call of Cthulhu / Buch: Sean Branney / Regie: Andrew Leman / 47 Min / FSK: ungeprüft

Der Ruf des Cthulhu ist einer der prominentesten Titel in Lovecrafts Cthulhu-Mythos; bis dato aber einer, der für Filmschaffende bisher irgendwie uninteressant war. Er etablierte Lovecrafts Tentakel-Maskottchen und wirkte innerhalb seiner Werke stilbildend. Für die B-Movie-Szene, in der Lovecraft-Adaptionen zumeist entstehen, sind Vorlagen wie Der Horror in Dunwich, sicherlich der bequemere Weg – erzählerisch, wie auch visuell. Cthulhus Ruf, in dem der Protagonist durch das Erbe seines Großonkels angestachelt, die weltweiten Geschehnisse um den mysteriösen Cthulhu-Kult untersucht, wäre im zeitgenössischen Film vermutlich ein Okkult-Thriller. Dafür braucht es aber vor allem gutes Storytelling, Charakterentwicklung und ein Händchen für Dialoge; in Lovecrafts Fall auch Monologe. Bei den beliebten Creature Features liegt der Fokus jedoch häufig auf anderen Elementen.

Die H.P. Lovecraft Historical Society hat sich bei ihrem Indie-Projekt ganz und gar gegen den Mainstream gestellt. So haben sie die Geschichte und damit die Laufzeit nicht unnötig gestreckt und den mittellangen Film als Stummfilm inszeniert – obgleich technisch glücklicherweise nicht 'zu authentisch'. Das Drehbuch von Sean Branney bleibt dem roten Faden aus Lovecrafts Originalgeschichte treu, nimmt sich allerdings inhaltliche Freiheiten – die allenfalls Puristen stören werden. Auf der verschissen teuren DVD zum Film, kann man für die Zwischentitel zahlreiche Sprachen auswählen, darunter Deutsch. Kleiner Tipp für Lauschmuschelavantgardisten: Titania Medien hat eine ganz ohrenbetäubend schöne Hörspieladaption des Stoffes produziert. Der Ruf des Cthulhu* kann ich tentakelschubbernd empfehlen – kaltblütig und warmherzig. 

    2. Dagon (2001)
    OT: Dagon: La Secta del Mar / Buch: Dennis Paoli / Regie: Stuart Gordon / 97 Min / FSK 18

    Paul ist mit seiner Geschlechtsverkehrsgenossin und einem anderen Pärchen im Urlaub. Das Boot geht zu Bruch und an den Ufern des spanischen Küstendörfchen Imbocca („Innsmouth“) trennen sich die Pärchen – vornehmlich weil Drehbuchautor Dennis Paoli keinen Bock hatte, noch mehr Figuren zu beackern. Schnell merken Paul und Barbera, dass die Dorfbewohner dem Gott Dagon huldigen und durch die Bank weg aussehen, wie das was im Nordsee-Restaurant in der Theke liegt. Diverse Ekeleien, Brüste undTentakel später hat der Zuschauer eine nette Idee von dem bekommen, was Lovecraft anno 1936 vielleicht mal im Sinn hatte, als er die Erzählung The Shadow over Innsmouth veröffentliche.

    Regisseur Stuart Gordon ist für Lovecraft-Fans Fluch und Segen zugleich. Einerseits ist er einer der wenigen Regisseure, die für ihre Lovecraft-Adaptionen überhaupt so etwas wie ein Budget bekommen (haben), andererseits kondensierte er den Stoff auf die visuell-plakativen Creature-Effekte und ließ Lovecrafts kosmischen Horror herausköcheln. Schade. Das ist bei Dagon nicht viel anders. Wenn man sich aber von Beginn an auf ein Creature-Feature einstellt, das mit gutgemeinten Make-up-SFX und teils kruden CGI-Versuchen auch einen passablen Trash-Faktor mitbringt, macht der Film Spaß. Dagon ist nach wie vor die einzige direkte Filmadaption von Schatten über Innsmouth. Der Stoff findet sich trotzdem in anderen Filmen wieder, z.B. in dem sträflich missachteten Vampirfilmmärchen Lemora: Kampf mit der Unterwelt*.


    3. Masters of Horror: Dreams in the Witch House (2005)
    OT: Dreams in the Witch House / Buch: Dennis Paoli, Stuart Gordon / Regie: Stuart Gordon / 58 Min / FSK 18

    Na klar, jetzt weiß ich, was gleich kommt: „Zählt der hier nur den Kram von Stuart Gordon auf?" Neien! Aber alphabetisch gesehen, liegen Dagon und Dreams... beieinander. Kann ich nix für.

    Ein junger, armer Student (kurz: ein Student) bezieht das billigste Kabuff, in der schlimmsten Absteige (kurz: ein Studentenzimmer). Alpträume suchen den Darsteller heim, den wir auch schon aus Dagon kennen, Ezra Godden. Und schnell muss er feststellen, dass Wahnsinn, Blut und billige Wohnungen zumeist Hand in Hand gehen. Unter allen Lovecraft-Adaptionen, blieb Stuart Gordon bei Dreams in the Witch House der Vorlage sicherlich am treusten. Einen Oscar wird er dafür nie bekommen, aber für die Ratte mit Menschenkopf, Brown Jenkins, verdient der Film definitiv einen Platz im Herzen eines jeden Lovecraft-Fans. 

    4. Die Farbe aus dem All (2020)
    OT: Color Out of Space / Buch: Scarlett Amaris, Richard Stanley / Regie: Richard Stanley / 110 Min / FSK 16

    Die Farbe aus dem All wurde mehrfach verfilmt, z.B. 1965 als Das Grauen auf Schloss Whitley. Meistens wurde die Originalstory auf die Komponenten "Meteorit", "Riesengemüse", "Wahnsinn" reduziert. Die aktuelle Adaption von Comebacker Richard Stanley hält sich peinlich genau an die Vorlage, modernisiert an den richtigen Stellen und präsentiert überdies hinaus Nicolas Cage, Alpakas und handgemachte Creature-Effekte als zünftige Hommage an die Achtziger. Um mich nicht im Kreis zu drehen, verweise ich an dieser Stelle auf die Kopf & Kino-Filmkritik zu Die Farbe aus dem All (2020) - mit zahlreichen Hintergrundinfos und Bespaßung. Juchei.

     

    5. The Other Gods (2006)
    OT: The Other Gods / Buch: ? / Regie: „Peter Rhodes“ / 05 Min / FSK: ungeprüft

    Die anderen Götter ist eine Kurzgeschichte aus Lovecrafts Traum-Zyklus. Sie schmückt eine fantastische Traumwelt aus, die Lovecraft in verschiedenen Storys zum Spielplatz der Großen Alten macht - jender kosmischen Entitäten, die auch den Cthulhu-Mythos dominieren. Der fünfminütige The Other Gods ist als Cutout-Animation – Figuren ausschneiden, im Gegenlicht bewegen, knipsen – vor allem inszenatorisch interessant, kuschelt aber auch angenehm eng mit Lovecrafts gleichnamiger Vorlage. Der Prophet Barzai erklimmt mit seinem Schützling den Berg Hategh-Kla, um den Erdgöttern zu begegnen. Dabei muss er erkennen, dass diese nur am Ende der Nahrungskette stehen und von wesentlich mächtigeren Wesen überwacht werden. Für das nostalgische Flair des Films sorgt auch die Fiktion um dessen Entstehung. Subterranea Entertainment gibt an, The Other Gods aus Überbleibseln restauriert zu haben, die der fiktive 1920er-Regisseurs Peter Rhodes entwickelt hat. Eine nette Idee. 


    6. Night Gallery: Pickman's Model (1971)
    OT: Pickman's Model / Buch: Alvin Sapinsley / Regie: Jack Laird / 25 Min / FSK: ungeprüft

    Obwohl gerade diese Story sich für Low-Budget-Projekte anböte, wurde sie bisher kaum angefasst - so wie Lovecraft selbst übrigens auch. Die Geschichte um den Bostoner Maler Richard Upton Pickman, dessen Bilder von Ghoulen und anderen Monstern, zu realistisch sind, um wahr zu sein, ist stellvertretend für das was Lovecraft bis heute in seinem eigenen Subgenre so beliebt macht: Sie vermittelt dem Leser das permanente Gefühl, dass das Grauen nur einen Gulli entfernt lauert. In der Kult-Reihe Night Gallery (leider nur auf Englisch) präsentierte Rod Serling eine knapp halbstündige Adaption der Kurzgeschichte, die sich zwar nicht sklavisch an die Vorlage hielt – die obligatorische Lovestory gehörte in den Sechzigern und Siebzigern einfach dazu –, aber wenigstens den Geist von Pickmans Modell auf den TV-Bildschirm bringt. Und damit hat sie zumindest Adaptionen wie Re-Animator durchaus etwas voraus, die zwar als Film einen einschlägigen Impact hatten, aber kaum weiter vom Cosmic Horror entfernt sein könnten. Um fair zu bleiben, aus heutiger Sicht wirkt das TV-Monster in Pickman's Model auch eher – sagen wir mal vorsichtig 'unterirdisch', was allerdings durchaus zu seinem natürlichen Lebensraum passt. Kleiner Tipp: Eine wirklich tolle Adaption des Stoffes gibt es als Hörspiel Pickmans Modell von Titania Medien*. Kann da jemand bitte mal eine zeitgemäße Filmadaption vorlegen? Danke! 

    7. The Whisperer in Darkness (2011)
    OT: The Whisperer in Darkness / Buch: Sean Branney, Andrew Leman / Regie: Sean Branner / 103 Min / FSK: ungeprüft

    Und dank der alphabetischen Sortierung ist die HPLHS, die H.P. Lovecraft Historical Society, das Alpha und Fast-Omega dieses Listicles. Während der ersten zwei Akte, hält sich der Film recht eng an die Vorlage, in der Albert Wilmarth einen abgeschieden lebenden Mann besucht und während seines Aufenthalts feststellen muss, dass außerirdisches Leben existiert und das vor allem auf der Erde! Im dritten Akt hingegen nahmen sich die Drehbuchautoren Sean Branney und Andrew Leman die Freiheit, das Material zu erweitern – inklusive einem veränderten Ende. Ob das nun zwingend notwendig war sei dahingestellt. Unterhaltsam ist The Whisperer in Darkness aber auf jeden Fall und erinnert nicht zufällig, auf angenehme Weise an den Universal-Studios-Horror der Dreißiger und Vierziger. Eine klare Empfehlung für Lovecrafters und Gruselfreunde. Und für Okkultisten die Anregungen brauchen. 


    7½. Call Girl of Cthulhu (2014)
    OT: Call Girl of Cthulhu / Buch: Jimmy George, Chris LaMartina / Regie: Chris LaMartina / 92 Min / FSK: ungeprüft

    Technisch gesehen basiert mein kleiner Tipp auf dem Cthulhu-Mythos als Gesamtwerk. Und seit Martin Campbells Hexenjagd in L.A. gab es kaum Versuche, sich im Film augenzwinkernd oder satirisch mit Lovecraft auseinanderzusetzen. In Call Girl of Cthulhu will der Schriftsteller Carter seine Unschuld an das Call Girl Riley verlieren. Die ist leider Gottes die zukünftige Braut des großen Cthulhu – zum Leidwesen aller, die von Tentakeln durchbohrt oder von Monstern gefressen werden. Obwohl das Ganze definitiv einen gewissen Trashfaktor für sich beanspruchen kann, wurde hier Wert auf zwei Essenzen gesetzt: Schauspiel und praktische Effekte. Und genau das unterscheidet dieses Low-Budget-Genrestück von anderen – ich möchte sagen 'frechen' – Heimkinoveröffentlichungen. Bis dato auch nur auf Englisch erhältlich. Die Macher des Films, lieben Lovecraft definitiv und huldigen womöglich selbst der großen Tentakelfresse. 

    Das Ende

    Wenn ihr es bis hierher geschafft habt, seid ihr tapfer, Fans oder tapfere Fans. Ich weiß, dass hier einige neue Titel aufgeploppt sind und einige Kult-Perlen wie Re-Animator oder From Beyond dafür nicht. Ich mag die Kultstreifen genauso, wie die meisten in der Community, aber als direkte Adaptionen von H.P. Lovecraft fallen sie, zumindest bei mir, durch den Kriterienkatalog.

    Das hier waren die ersten Kopf & Kino Top 7½. Wenn ihr Anregungen habt, Kritik, Wünsche habt – oder Hunger, Durst, Mitleid, Cola, Rum, Cola-Rum oder dergleichen: feel free to comment.

    In diesem Sinne,
    BilderImNecronomiconAusmalendes Cheerio und eine gute Dampferfahrt nach R'lyeh

    Rob

    Überreste

    Diese Liste wurde am 28.04.2020 aktualisiert. Die Farbe aus dem All (2020) hat Die Farbe (2012) weggedrängelt. Solche Überreste findet ihr hier, ganz unten, am Ende des Artikels.
    • Die Farbe (2012) // OT: Die Farbe / Regie: Huan Vu / 85 Min / FSK 12

      Der Kurzroman The Colour Out of Space ist so stellvertretend für Lovecrafts Geschichten, dass es Kenner kaum wundert, dass sie so zahlreich für Film und Fernsehen adaptiert wurde. Boris Karloff durfte man in dem Roger-Corman-Klon Das Grauen auf Schloss Witley (Die, Monster, Die!, 1965) bewundertrauern. 1987 hingegen gab es mit The Curse zumindest wieder eine Gelegenheit Wil Wheaton zu sehen. 2012 lieferte der deutsche Regisseur Huan Vu eine Adaption, die zwar um ihr geringes Budget nicht hinwegtäuschen konnte und die Story aus die USA nach Deutschland verlegt, aber unter Genrefans noch immer, als eine der besten – wenn nicht die beste – Lovecraft-Adaption gilt. Mit Die Farbe schafft es Huan Vu, vor allem den Geist der bekannten Lovecraft-Story zu übertragen. Eingebettet in einen Schwarzweißfilm, wirkt „die Farbe“, also das vermeintlich formlose Alien, dass per Meteoriteneinschlag auf das Gehöft einer Familie schlägt um die Umwelt dort zu mutieren, unheimlich, weil es als einziges Objekt im Film überhaupt eine Farbe hat. Die wenigen Effektspitzen passen wunderbar zur angenehm retroesken Grundstimmung des Films. Ein Augenschmaus und absoluter Tipp – nicht nur für Lovecraft-Fans.

      Übrigens arbeitet Huan Vu gerade an einer neuen Lovecraft-Adaption. The Dreamlands wird die erste Live-Action-Adaption von Lovecrafts Traum-Zyklus.

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    2 Kommentare:

    1. Sehr schöne Liste, die auf meine eigene Liste wandert!

      Ich hätte eine Anregung: Deine "Top 7 1/2" würde ich dir empfehlen, auch um eine "Flop 7 1/2" zu erweitern, denn es gibt so viele schlechte Adaptionen von anderen Stoffen, dass sich das durchaus lohnen würde. Oder möchtest du nur positiv über Filme berichten? (haha)

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      1. Hey ho und vorab vielen Dank für die Interaktion ;)
        In der Tat hab ich auch schon daran gedacht, bestimmte Filmgurken thematisch zu ordnen. Fairerweise: Gerade im Genrebereich gibt es häufiger viel mehr vermeintlichen Müll. Da will ich dem Liebhaber zunächst ein paar Perlen präsentieren. Aber ich kann mir super die Flop 7,5 der schlechteste Nazi-Zombie-Filme vorstellen :P

        Wenn Du konkrete Wünsche und Anregungen hast, sind meine Ohren offen.

        Rob
        Kopf & Kino

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